Unser Büchertipp:
Haupt- und Nebenstrecken in Ostwürttemberg
Kalender mit Bilder der Brenztalbahn für das Jahr 2025
Württembergische T. Das Nesthäckchen der Reichsbahn und seine Vorgänger
Eine Dokumentation über die Anfänge des öffentlichen Stadtlinienverkehrs in Stuttgart - 1860 bis 1897
22.11.17 22:42 Uhr Alter: 7 Jahre
Hoffnung auf der Nebenstrecke
Von: Hendrik Rupp, HZ
In Königsbronn sprach Sven Hantel, Bahn-Chef für das Land, über Ziele des Konzerns – und verdeutlichte den Stellenwert der Brenzbahn und ihrer Probleme im Konzern.

Wahrscheinlich hatte Markus Maier zu leise gesprochen? Zum Auftakt der fünften Wirtschaftsgespräche Ostwürttemberg hatte der IHK-Präsident noch Hoffnungen auf Klartext geweckt: Dass Sven Hantel, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für Baden-Württemberg, in die Königsbronner Hammerschmiede gefunden habe, sei doch „eine wunderbare Gelegenheit, über Ausfälle, Pannen und veraltetes Zugmaterial“ auf den Schienen Ostwürttembergs zu sprechen.

Aber um im Bahn-Jargon zu bleiben: Der Anschluss an das Regionale, er war schon abgefahren. Unter dem Titel „Herausforderung Schiene“ skizzierte Sven Hantel große Zahlen, große Visionen und einen unbeirrbaren Optimismus.

Selbst die Tunnelbau-Panne in Rastatt ist für ihn in erster Linie ein „Beweis, wie wichtig die Rheintalstrecke ist“. Überhaupt habe allein Baden-Württemberg fast so viel Bahnstrecke wie ganz Österreich, wickle bald ein Zehntel der Tonnage des Hamburger Hafens ab und für den Klimaschutz sei der Bahnverkehr auch eine feine Sache.

Immer wieder Stuttgart 21 Immer wieder spricht Hantel über Stuttgart 21. Ja, man habe Probleme, aber man komme eigentlich doch gut voran, so wie man überall im Land gut vorankomme: Hantel wirft eigens eine Schienenkarte von Baden-Württemberg an die Wand – auf der ein Gutteil Ostwürttembergs aber gleich mal abgeschnitten ist.

Genau 56 Sekunden lang spricht Hantel in seinem Vortrag über die Brenzbahn, erklärt die geplante abschnittsweise Zweigleisigkeit und das Problem, diese zu finanzieren.

Das einzige Bild der Strecke, das er zeigt, ist aus der HZ gemopst.

Immerhin bezeichnet Hantel es als ein Ziel der Bahn, auch die Elektrifizierung voranzubringen. Nach der Südbahn also die Brenzbahn? Hantel ist da schon wieder woanders im Land, bei Brückensanierungen (die, so Hantel, seien teuer) oder dem Pforzheimer Tunnel. Für die Bahnhöfe solle der Bund ein Sanierungskonzept auflegen, freilich sei es auch eine charmante Idee, Bahnhöfe an die jeweiligen Kommunen zu verkaufen – dann könnten die die Empfangsgebäude selbst schön herrichten. Einstweilen habe man viele Bahnhöfe schon gut modernisiert: Aalen und Gmünd ganz, Heidenheim wenigstens mit Aufzügen.

Schnellbahnen nach Paris, Schnellbahnen nach Berlin – davon profitiere auch die Region, so Hantel: Eine Stunde schneller werde man von Aalen nach Berlin kommen, verspricht er. Und wenn man schon bei Aalen ist: Die neuen IC-2-Doppelstockzüge sollten ab 2018 auch auf der Remsbahn rollen.

Schließlich lobt Hantel sogar die neuen Züge, die Bahn-Konkurrenten wie die Hohenzollerische Landesbahn (Brenzbahn) und der britische Betreiber Go-Ahead (Remsbahn) ab 2019 einsetzen. „Das ist zwar nicht die Bahn, aber es ist gut für die Schiene.“ Der letzte Ausflug in die Region endet, Hantel ist wieder bei den großen Themen: Video-Reisezentren ohne Personal, Mobilitätskonzepte, Lärmschutz und sogar die Tatsache, dass die Bahn leer stehende Flächen an die Bienenzucht vergibt. Toll wäre für Hantel auch eine höhere Lkw-Maut, die mehr Güter zurück auf die Schiene brächte. Freilich: „Da hätten wir noch Hausaufgaben bei Pünktlichkeit und Qualität.“ Probleme erst in der Fragerunde Genau das Stichwort für die anschließende Fragerunde, die HandwerkskammerHauptgeschäftsführer Dr. Tobias Mehlich moderierte.

Hier ging es um genau jene Themen, die viele Besucher offenbar in Hantels Vortrag erwartet hatten.

„Oft macht das Bahnfahren nicht einmal mir als Grüner Spaß“, schimpfte Margit Stumpp: Verspätungen und Zugausfälle kritisierte die Bundestagsabgeordnete ebenso wie schmutzige Züge.

Hantel dazu: „Wir hatten große Probleme.“ Doch in den vergangenen Wochen sei es „deutlich besser“ geworden auf der Brenzbahn.

Dem stimmte Grünen-Landtagsabgeordneter Martin Grath zu – sprach aber die Posse um die verschiedenen Bahnsteighöhen an. 55, 76 oder gar 96 Zentimeter? „Es gibt nicht die richtige Bahnsteighöhe“, so Hantel salomonisch – es sei denn, der Bund lege sie eines Tages per Gesetz fest. HandwerkskammerChef Mehlich: „Das Handwerk baut die Bahnsteige gerne wieder und wieder um.“ Der Baracken-Bahnhof Crailsheim, die zurückgebauten Industriegleise im Brenztal, die Posse um die erst zehn Jahre alte Ertüchtigung der Brenzbahn ohne Zweigleisigkeit – am Ende kulminierte die Vielzahl von Vorwürfen in einer Grundfrage: Interessiert sich die Bahn überhaupt noch für Ostwürttemberg oder zieht sie sich aus der Fläche zurück? „Der Eindruck stimmt gar nicht“, so Hantel: Gerade Baden-Württemberg habe viele Bahn-Projekte im ländlichen Raum. Und deutlich trat Hantel dem Eindruck entgegen, vor lauter ICE 4 und transeuropäischen Magistralen seien Zugverkehre abseits der Großstädte auch strategisch nur Nebenstrecken. „Ich bin ein Lobbyist der Bahn“, so Hantel. „Aber ich bin auch ein Lobbyist für Baden-Württemberg.“