Seine Besiedlungsgeschichte

Die römischen Verkehrswege der Ostalb um 200 v. Chr. Deutlich ist der Limes (dünne Linie mit dicken Strichen) zu erkennen. Die unterbrochenen Wege und die umrandeten Ortschaften sind nicht nachgewiesen. Zeichnung: Werner Martin, 1984

In gewaltigen Zeiträumen bildete sich die Gestalt unserer Erde mit ihren Gebirgen, Tälern, Ebenen und Meeren. Nach langen, zum Teil wärmeren Epochen setzte vor etwa einer Million Jahren langsam eine Abkühlung des Klimas ein. Weite Gebiete wurden von Eis bedeckt. Im Norden schob sich eine Eisdecke von Skandinavien her bis an den Fuß der deutschen Mittelgebirge. Im Süden bildeten die Gletscher aus den Alpen eine geschlossene Eisdecke bis dorthin, wo die Donau fließt. Mit den kalten Eiszeiten wechselten wiederholt wärmere Perioden. In den Warmzeiten schmolz die Eisdecke zwischen der Donau und den Alpen, in den Kaltzeiten stießen die Gletscher aus dem Gebirge wieder vor.

Die Alb blieb von einer geschlossenen Eisdecke frei. Ihre Hochfläche war teils Grassteppe, teils Tundra; Moose, Flechten, Gräser, Zwergformen von Birken und Weiden bildeten eine spärliche Pflanzendecke. Mammut, wollhaariges Nashorn, Höhlenbär, Höhlenlöwe, Wildpferd und viele andere Tierarten bevölkerten Berg und Tal und unter ihnen der erste Typus Mensch. Gruben, Höhlen und Felsnischen dienten diesem als Unterschlupf vor Wind und Wetter. Zeugen solcher Behausungen finden sich zahlreich im Tal der Brenz und der Lone: Vogelherdhöhle auf Stettener Gemarkung, Heidenschmiede in Heidenheim, Spitzbubenhöhle in Eselsburg, Irpfelhöhle bei Giengen, um nur einige zu nennen. Ihre Zeit liegt in der Altsteinzeit, etwa 78000-5000 v.Chr. In der Jungsteinzeit (4450-1850 v. Chr) kamen Ackerbau und Viehzucht aus Vorderasien zu der vorwiegend aus Jägern und Sammlern bestehenden Bevölkerung. Ihre archäologische Gliederung beruht hauptsächlich auf den unterschiedlichen Keramikformen und -dekors. An diese Zeit schloss die Bronzezeit (1850-1200 v.Chr.) an, in der die Metallegierung aus Kupfer und Zinn als gebräuchlicher Werkstoff Verwendung fand. Hallstatt- und Latenezeit (1200 450 und 450 v.-40 n.Chr.) folgen nach und gehen in die römische Zeit über (40-260 n.Chr.).

Württemberg kurz vor der Gründung des Königreiches um 1800 (blau) und der Grenze ab 1803 (rot). Die schwarzen Punkte sind die weltlichen und die Kreuze die klösterlichen Oberämter. Zeichnung: Werner Martin, 1984

Nach der Eroberung Galliens durch Caesar und der damit einhergehenden Sicherung der Rheingrenze war Caesars Nachfolger Augustus bestrebt, die dem Reich von den nördlichen Stämmen drohende Gefahr zu beseitigen. Im Kampf um dem Besitz unserer Alpenländerwaren Drusus und Tiberius um 15 v.Chr. gegen die Donau vorgedrungen. Zunächst hatten Kastelle in Rißtissen, Unterkirchberg und Günzburg die Donaugrenze zu sichern. Da im Norden die Eroberung Germaniens bis zur Elbe nicht gelungen war, ging es den Römern in ersten Jahrhundert n.Chr. darum, im Norden wenigstens in Besitz des Landes zwischen Rhein und Donau zu kommen, das damals von einer keltischen Bevölkerung dünn besiedelt war. Die römischen Truppen, vermutlich von Straßenarbeitern und Technikern begleitet, rückten nur allmählich vor. Sie benutzten dabei die naturgegebenen Verkehrslinien. Etwa um 80 n.Chr. war die Alboberfläche erreicht und wurde durch eine Reihe von Kastellen gesichert: Lautlingen, Burladingen, Donnstetten, Urspring, Heidenheim, Oberdorf, Weißenburg am Sand. Irgendwann in den Jahren zwischen 89 und 96 n.Chr. rückten römische Truppen in die von Toten- und Ottilienberg flankierte Enge des Brenztales ein. Ihr Auftrag war es, an dieser strategisch besonders günstigen Stelle ein befestigtes Standlager zu errichten und zu beziehen. Dieses sollte den wichtigsten Verbindungsweg zwischen der Donau und dem nördlichen Vorland der Ostalb, das Brenztal, abriegeln und zugleich die nach Osten und Westen führenden Straßen sichern. Bis kurz nach 150 n.Chr. blieb Heidenheim Garnison, deren Kastell Aquileia hieß. Dann wurden die Reiter der Ala II Flavia Pia Fidelis milliaria nach Aalen hinter die Grenzmark des rätischen Limes vorgezogen.

Die Römer benützten zunächst die natürlichen Verkehrswege, die sie vorfanden. Im Laufe der Besetzungszeit aber bauten sie Kunststraßen, die sowohl in ihrer Führung als auch in ihrer technischen Anlage alles übertrafen, was es vorher und viele Jahrhunderte nachher an Verkehrswegen bei uns gab. Die Straße von Günzburg über Niederstotzingen- Lonetal- Hürben- Herbrechtingen- Mergelstetten- Heidenheim ist die älteste, denn sie muss unmittelbar nach der Besetzung der Gegend als Verbindungs- und Nachschubstraße zur alten Donaugrenze angelegt worden sein. Eine weitere Straße führte von Heidenheim nach Südosten zum Kastell Faimingen. Wenig später dürfte die Querverbindungsstraße der Albkastelle gebaut worden sein, also die Straße über Urspring-Steighof, Schalkstetten rechts, Waldhausen links lassend, Söhnstetten- Stubental- Heidenheim- Gampfertal- Steinweiler- Elchingen- Michelfeld- Aufhausen- Oberdorf. Die brenztalaufwärts und dann kochertalabwärts von Heidenheim nach Aalen führende Straße isterst in der ersten Hälfte des 2. Jahrunderts n.Chr. angelegt worden, kurz vor 15o n.Chr., als ein einschneidendes Ereignis eintrat: die Römer rückten nach Norden vor und legten auf den Höhen nördlich des Remstals den rätischen Limes an.

Schloß Hellenstein. In den Mauern der Zehntscheuer, deren hohe Gestalt zur Stadt hin gut sichtbar ist, wurde ein Kutschenmuseum eingerichtet. Es zeigt die gesamte Mobilitätsgeschichte vom Wanderer über die verschiedenen Kutschen bis hin zur Eisenbahn auf. Foto: -sie-, Juni 2000

Neben diesen Staatsstraßen, die gewöhnlich 4,5-5,5m breit und chaussiert waren, muß es Nachbarschaftsstraßen in beträchtlich großer Zahl gegeben haben, die als Verbindungswege zu den Gutshöfen notwendig waren.

Als ab 178 n.Chr. die Alamannen aus dem Gebiet der heutigen Mark Brandenburg auf die Ostalb auswanderten, verdrängten sie dieRömer. Die römische Besatzung zog sich zunächst auf die Linie Lorch- Aalen- Heidenheim- Günzburg zurück.

Der große Alamannensturm von 259 n.Chr scheint die Siedlung, die im Brenztal entstanden war, zwar entvölkert, ihre Baulichkeiten aber verschont zu haben. Jedenfalls ist keines der letzten römischen Gebäude dem Brand zum Opfer gefallen. Es wird angenommen, daß Heidenheim, wenn auch in bescheidenem Maße, bis weit in das 4. Jahrhundert römisch besiedelt war. Erst im 5. Jahrhundert wurden Alamannen im Brenztal sesshaft.

Ein in den Grundmauern fast vollständiges Römerbad wurde in Heidenheim nahe der Brenz ausgegraben. Es wurde überbaut und ist heute als "Römerbadmuseum" zu besichtigen. Foto: -sie-, Sommer 1981.

Die ältesten Siedlungen gehen auf die Zeit der Landnahme durch die Alamannen zurück. Ihre Ortsnamen drücken die Zugehörigkeit der Siedler zu einem Siedlungs- und Dorfoberhaupt aus und haben die -ingen- Endung Herbrechtingen, Heuchlingen, Hermaringen, usw.

Das Siedlungsgebiet war an seinem Nordrand durch das Kliff, dem Ufer des einstigen Molassemeeres, begrenzt. 496 n.Chr. wurden die Alamannen von den Franken geschlagen und mussten ihr Gebiet nördlich der Linie Hesselberg- Ellwangen- Asberg deren Siedler überlassen. In unserem Gebiet kamen die Alamannen nur unter fränkische Hoheit, konnten ihren Wohnsitz also behalten. Die Frankenwaren es auch, die nördlich der Klifflinie rodeten und neue Siedlungen anlegten. Himmelsrichtungen, Gelände und Sachbezeichnungen mit der Endung -heim, später -stetten und -stadt gaben im 6. Jahrhundert den Orten Namen. Die letzte Phase der Besiedlung fällt in die Karolingerzeit des 8. und 9. Jahrhunderts. -heim, -hausen, -hofen und -dorf-Orte entstanden: Hausen, Aufhausen, Heidenheim, um nur einige zu nennen.

Stadt Heidenheim vom Totenberg aus Richtung Schloß Hellenstein. Foto: -sie-, Mai 2000

Nach dem Zerfall des Frankenreiches um 640 n.Chr. kam das Land unter reichsherrschaftliche Gewalt. Karl der Große baute sein Reich auf, das bis zu Beginn des Mittelalters bestehen konnte. Im Mittelalter zerfiel das Reich sehr schnell, die Reichsgüter gingen an weltliche und geistliche Herrschaften, die Kaiser verloren ihren Einfluß.

Reformation, dreißigjähriger Krieg und der spanische Erbfolgekrieg zogen über das Land. Während dieser Zeit erlangte die Grafschaft Württemberg größere Macht, doch erst der durch die Französische Revolution an die Macht gekommene Napoleon bereitete 1803 der Kleinstaaterei in Süddeutschland ein Ende. Baden, Württemberg und Bayern entstanden als größere, geschlossene Herrschaftsgebiete. Dieser Umstand ist für die spätere Entwicklung in Süddeutschland äußerst wichtig, da die Kleinstaaten der Entstehung eines einheitlichen Verkehrssystemes entgegenstanden, hatte doch jeder Herrscher seine eigenen Gesetze, seine eigene Währung, erhob Zölle an seinen Grenzen und hatte obendrein noch eigene Gewichts- und Längenmaße.