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10.10.22 12:52 Uhr Alter: 2 Jahre
Das Aus für den „Alb-Express“?
Von: Jens Eber
Im Regionalverband Ostwürttemberg wurden denkbare Strecken in der Region diskutiert. Die Verbindung zwischen Heidenheim und Aalen wurde dabei von einigen Mitgliedern vermisst.

Unversehens rückte im Regionalverband ein Thema in den Mittelpunkt, das explizit gar nicht auf der Tagesordnung gestanden hatte — und es sorgte bei manchen der Verbandsmitglieder für steigenden Blutdruck.

Um „innovative Verkehrsnetzergänzung“ sollte es gehen, im Kern sollten dies Seilbahnen sein, die an mehreren Punkten in der Region für Entlastung sorgen sollten. Michael Welsch vom Fachbüro SSP Consult stellte auch eine ganze Reihe denkbarer Streckenverläufe vor.

Eine ganz bestimmte Strecke fehlte dabei allerdings, was den früheren Heidenheimer Bürgermeister Rainer Domberg (SPD) zu einer kritischen Nachfrage veranlasste. Domberg nämlich vermisste den sogenannten „Alb-Express“. Diese Seilbahnverbindung zwischen Heidenheim und Aalen wurde bereits vor rund zwei Jahren breit diskutiert. So sollte die Seilbahnlinie die notorisch überlastete B19 entlasten und die Brenzbahn ergänzen, die nach wie vor auf einen Ausbau wartet.

Die Achse Heidenheim-Aalen sei für eine Seilbahn zu lang und „nicht darstellbar“, bemerkte der Verbandsvorsitzende und frühere Niederstotzinger Bürgermeister Gerhard Kieninger. Er ließ auch durchblicken, dass der Regionalverband in dieser Sache „nicht federführend“ sei, wohingegen das Land „nicht Protagonist einer Parallelverbindung“ zwischen Seilbahn und Schiene sei.

„Bei der Bahn tut sich nix“

„Ich höre aus den Zwischentönen, dass der Alb-Express keine Priorität mehr hat“, sagte Domberg und verwies damit auf den Mobilitätspakt unter Federführung des Landes. „Da erübrigen sich wohl weitere Diskussionen“, folgerte Dombersg, der es freilich nicht beim Bedauern beließ, sondern schimpfte: „Bei der Bahn tut sich nix, der Landrat verkämpft sich, Ergebnisse sieht man nicht.“ Domberg wertete dies als „Debakel, an das man erinnern muss“. Gleichwohl säßen die Schuldigen woanders. Walter Macher aus Königsbronn, ebenfalls Mitglied der SPD-Fraktion im Regionalverband, befürchtete, von dieser Sitzung des Planungsausschusses könnte „ein falsches Signal ausgehen“. Man erlebe gerade im oberen Brenztal die Situation auf der B19 als „fatal“, daher dürfte nicht der Anschein entstehen, man kümmere sich nicht um eine Entlastung.

Für die Grünen-Fraktion warf jedoch Margit Stumpp ein, dass die Idee der kreisübergreifenden Seilbahnline quasi automatisch herausfalle, wenn man die gleichen Bewertungsmaßstäbe anlege wie an die nun untersuchten Strecken. In diese Bewertung flossen der verkehrliche Nutzen und die Kosten ebenso ein wie die Frage, ob eine Bahntrasse über Wohngebiete führen würde. „Seilbahnen haben Vorteile, wenn es um große Höhen geht“, so Stumpp. Im Brenztal wäre dies nicht der Fall, dort stünde eine vergleichsweise langsam verkehrende Seilbahn in Konkurrenz mit Bus und Bahn, beide im Normalfall deutlich schneller unterwegs. Sie jedenfalls freue sich über die Offenheit gegenüber dem System Seilbahn, sagte Stumpp.

Land will Brenzbahn ausbauen

Dass der „Alb-Express“ vom Tisch ist, mag im Moment auch niemand bestätigen. Die Stadt Heidenheim haben keinen anderen Kenntnisstand als der Regionalverband, lässt Pressesprecher Stefan Bentele wissen und spielt den Ball in Richtung Verkehrsministerium weiter. Dort sieht man laut Pressesprecherin Wenke Böhm „im Ausbau und der Elektrifizierung der Brenzbahn sowie den Planungen zur Regio-S-Bahn Donau-lller einen geeigneteren Ansatz“ zur Entlastung der B 19. Was vor Ort umgesetzt werde, liege jedoch in den jeweiligen Zuständigkeiten der Mobilitätspakt Beteiligten.

Bestandteil des Mobilitätspakts sei daher einerseits die Voruntersuchung zur Erschließung des Heidenheimer Schlossbergs und der Reutenen, für die derzeit eine Machbarkeitsstudie erstellt wird, sowie die nun im Regionalverband vorgestellten Seilbahnpotenziale der Region.

In der Präsentation enthalten war unter anderem eine Seilbahnverbindung zwischen dem Heidenheimer Bahnhof und der P+R-Anlage an der Autobahnausfahrt Nattheim, die auch bis Nattheim weitergeführt werden könnte. Der Analyse zufolge könnte dieses Angebot vor allem Pendler ansprechen, stünde aber auch in Konkurrenz zu einem „guten“ Busangebot. Zudem wäre die Seilbahn länger unterwegs als der Bus.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam die Voruntersuchung auch im Falle einer Seilbahn, die von Gerstetten über Steinheim nach Heidenheim führen könnte. Sie könnte das ÖPNV-Angebot für Gerstetten und Steinheim erweitern, hätte aber den Nachteil relativ langer Fahrzeit.

Einen Höhenunterschied von gut 200 Metern würde eine Seilbahn zwischen Ebnat und Oberkochen oder dem Industriegebiet zwischen Oberkochen und Königsbronn überbrücken. Zudem könnte diese Verbindung sogar einen Umstieg auf die Brenzbahn ermöglichen und nicht zuletzt die steile Strecke zwischen Ebnat und Unterkochen entlasten.

Die Kosten einer Seilbahn bezifferte Fachmann Welsch mit acht bis 14 Millionen Euro pro Kilometer für eine relativ einfache Variante mit einem Seil. Aufwändigere Systeme, die weniger Stützen benötigen, seien deutlich teurer. Die Transportkapazität liegt bei bis zu 6000 Personen pro Stunde je Richtung.