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30.10.10 17:38 Uhr Alter: 13 Jahre
Zum Leserbrief: Der erste Entwurf für einen Durchgangsbahnhof im Zentrum Stuttgarts entstand bereits 1901
Von: Uwe Siedentop
Zum Leserbrief vom 23.10.2010 in der Heidenheimer Zeitung

 

Sehr geehrter Herr Lehmann,

vielen Dank für die aufklärenden Worte zur Geschichte des Stuttgarter Hauptbahnhofes. Leider haben Sie wichtige Argumente vergessen, die den württ. König dazu bewogen haben, die beiden Entwürfe zum Durchgangsbahnhof abzulehnen: Die Verkehrsströme innerhalb Württembergs und die Lage Stuttgarts im Süden Deutschlands!

Zu den Verkehrsströmen: Stuttgart ist der Mittelpunkt Württembergs. Dadurch ist wie vor 100 Jahren die Stadt eine Ausgangspunkt von Verkehr in die umliegenden Regionen, wie es Zielpunkt des Verkehres aus der umliegenden Region ist. In Zahlen ausgesprochen: Über 95% des Stuttgarter Hauptbahnhofes kommen in Stuttgart an und fahren aus Stuttgart heraus. Der Rest ist Durchgangsverkehr.

Wo kann aber der Fernverkehr herkommen, der durch Stuttgart fahren soll? Von und zum Bodensee, also Schweiz und Österreich? Wohl kaum, denn dann wäre die Südbahn (Friedrichhafen-Ulm) bereits vor Jahren elektrifiziert worden. Von und nach Singen/Zürich? Wohl kaum, denn der Weg über Basel bietet eine ebene Strecke, die von Zürich nach Stuttgart nicht gegeben ist. Bleibt nur noch von und nach München. Und da haben die Bayern bereits um 1864 dafür gesorgt, dass der Verkehr an Stuttgart vorbei gefahren ist: Mit Wien/München-Nürnberg kann die württembergische Hauptstadt „großräumig“ umgangen werden. Mit der Aussicht, dass der Durchgangsverkehr nicht über 4% steigen wird – lohnt sich da dieser Aufwand?

Stuttgart liegt eingekeilt zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb. Das hat in der Vergangenheit dafür gesorgt, dass der schnelle Fernverkehr „fern“-geblieben ist. Das wird auch in Zukunft so sein: 33 Promille Steigung in und aus dem tiefergelegten Bahnhof können nicht mit 200 oder mehr Stundenkilometer befahren werden – trotz moderner Technik.

Da sind wir jetzt bei der Technik: Würde der heutige Hauptbahnhof modernisiert, könnten durch moderne Weichen und Kreuzungen höherer Geschwindigkeiten gefahren werden. Vergleicht man das Gleisvorfeld und die vorgesehenen 33 Promille ergibt sich kein nennenswerter Vorteil für die neue Planung.

Mit seinen 8 Durchgangsgleisen wird der geplante neue Bahnhof kleiner als der Ulmer Bahnhof?!? Stuttgart hat 9, Ulm gerade mal 6 Zubringerstrecken ...

Als zu Beginn der 90er-Jahre des vorigen Jahrhunderts die 21er-Idee (München 21, Frankfurt 21, Stuttgart 21) aufkam, hat die Bahn schnell erkannt, dass diese Projekte in keinem Verhältnis stehen – sie hat sie aufgegeben.

Wichtiger wäre die Infrastruktur der Fläche: Modernere Fahrzeuge auf der Remsbahn, Elektrifizierung der Südbahn und Brenzbahn, Ausbau der Jagstbahn Aalen-Nürnberg für höhere Geschwindigkeiten, durchgehende Verbindungen von Friedrichshafen nach Würzburg, und und und.

Stuttgart 21 ist ein Prestige-Objekt der Politiker, der Immobilienmakler und der Tunnelbohrmaschinenhersteller – die Fläche hat das Geld wesentlich dringender nötig.

Betrachten Sie die Gleisanlagen des heutigen Bahnhofes, so werden Sie einen Kompromiss erkennen: Bahnbetriebswerk und Abstellbahnhof könnten nach Kornwestheim und/oder Untertürkheim verlagert werden. So könnte Fläche für das „neue“ Stuttgart freigemacht werden und der eigentliche Hauptbahnhof mit seinem Bonatzbau bliebe unangetastet.

 

Nachtrag 5.11.2010:

 

Wie kann es sein, dass die Durchgangsbahnhöfe von Sprickerhoff und Weiyrauch um 1905 10 Gleise vorsehen und heute der geplante Durchgangsbahnhof nur 8 benötigen soll? Bei einer zu erwartenden Zunahme des Verkehrs ist das für heute unverständlich!