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Gegner pfeifen auf Stuttgart 21 Gestern „Schwabenstreich“ vor dem Heidenheimer Bahnhof
Von: Michael Brendel
Seit zwölf Wochen lärmen in Stuttgart Tag für Tag Gegner des Bahnprojekts S 21 ihren Protest in den Abendhimmel. Gestern hat diese Form des institutionalisierten Widerstands Heidenheim erreicht – beim „Schwabenstreich“ vor dem Bahnhof.

„Schwabenstreich“ vor dem Heidenheimer Bahnhof: Der Protest gegen Stuttgart 21 macht jetzt auch in Heidenheim lautstark von sich hören. Foto: sie

Eine Minute lang Krach schlagen, sich fast die Seele aus dem Leib schreien: Im Juli griffen Stuttgarter Bürger erstmals zu diesem Mittel, um die Aussicht auf Stuttgart 21 mit einem Höllenlärm zu quittieren. Kochlöffel dreschen seither täglich um 19 Uhr auf Töpfe ein, Eisenstangen donnern gegen den Bauzaun, Trillerpfeifen und Vuvuzelas lassen die Trommelfelle vibrieren.

All dies spielt sich längst nicht mehr nur vor dem Hauptbahnhof ab, selbst die Stadtgrenzen stellen keine Barriere dar: Tübingen, Berlin, Freiburg, ja sogar New York – vielerorts haben sich mittlerweile Gegner des Projekts den Widerständlern angeschlossen.

Gestern reihten sich die Heidenheimer ein. Der Bahnhof war Schauplatz eines „Schwabenstreichs“, zu dem das Heidenheimer Bündnis gegen Stuttgart 21 aufgerufen hatte. Rund 80 Protestler machten ihrem Unmut mit einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert Luft, nachdem Dieter Köhler das Wort ergriffen hatte und es nicht an Schärfe mangeln ließ.

„Mappus muss weg“, forderte er und bezeichnete einen Rücktritt von Innenminister Heribert Rech, der den „Rambo“ gebe, als überfällig. Noch aber säßen die fest im Sattel, die verantwortlich seien, dass „gelogen, niedergeknüppelt und mit Wasserwerfern von der Straße gespült“ werde.

Ins Gericht ging Köhler auch mit den Abgeordneten Roderich Kiesewetter, Bernd Hitzler und Andreas Stoch. Sie hätten sich in parteiübergreifender Einigkeit und vorauseilendem Gehorsam für das „Milliardengrab S 21“ ausgesprochen. Ihre Haltung lasse außer Acht, dass Geld, das für das Prestigeprojekt ausgegeben werde, für regionale Schienenprojekte wie den zweigleisigen Ausbau der Brenzbahn fehle.

Weil parallel an anderer Stelle auf Teufel komm raus gespart werde, sei S 21 auch eine soziale Frage.

Insofern sei fraglich, ob Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem Bekenntnis zu dem Vorhaben „der schwarz-gelben MaultaschenConnection einen Dienst erwiesen“ habe.

Den als Vermittler berufenen CDU-Politiker Heiner Geißler zitierend, sagte Köhler: „Die Zeit der Basta-Entscheidungen ist endgültig vorbei.“ Die Menschen seien es leid, alle vier Jahre bei Wahlen ihr Kreuzchen zu machen „und dann die Klappe zu halten“.

Das Bündnis gegen Stuttgart 21 will sich bis auf Weiteres immer montags um 18.45 Uhr vor dem Heidenheimer Bahnhof lautstark Gehör verschaffen.