Die Vorarbeiten in Württemberg

Die Frage nach verbesserten Verkehrsverhältnissen veranlasste bereits Herzog Friedrich II., den späteren Kurfürsten und König Friedrich I. von Württemberg, im Jahre 1802 drei Entwürfe erstellen zu lassen, nach denen unter Benützung der Rems, des Kochers und der Brenz die Donau mit dem Neckar verbunden werden sollten. Die napoleonischen Kriege vereitelten jedoch die Ausführung. Erst 30 Jahre später griff König Wilhelm I. den Gedanken wieder auf und veranlasste Studien über diese Kanalverbindung. Diese Entwürfe, nach denen nicht nur der Neckar mit der Donau und diese mit dem Bodensee verbunden, sondern das ganze Land mit Kanälen durchzogen werden sollten, wurden einer Kommission zur näheren Untersuchung vorgelegt. Diese Kommission, bestehend aus administrativen und technischen Mitgliedern der Departments des Innern und der Finanzen, hatte die Aufgabe, die damals einsetzende Entwicklung der Eisenbahn und die veraltet erschienenen Wasserstraßen zu vergleichen.

Der Aalener Bahnhof nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Das Photo entstand aus der zerstörten Lokomotivwerkstätte zum Empfangsgebäude hin. Friedrich Michel, August 1945,

1834 erstattete die Kommission Bericht. Sie bezeichnete "eine Eisenbahn als dasjenige Kommunikationsmittel höherer Ordnung, auf welches im Interesse der Verbindung des Neckars mit der Donau und dem Bodensee zunächst Bedacht zu nehmen sein dürfte." Die Richtung der Verkehrsbahnen, wurde vorgeschlagen, solle durch die Täler der Rems, des Kochers, der Brenz und von da an der Donau aufwärts nach Ulm verlaufen. Weiter solle sie von der Donau durch die Täler der Riß und der Schussen nach Friedrichshafen geleitet werden. In Württemberg, wie fast überall in Europa, nahmen von diesem Zeitpunkt an die Eisenbahnen das gesamte Interesse und die ganze Leistungsfähigkeit des Landes in Anspruch.

Je mehr die Kommission ins Detail ging, umso mehr stellte sich klar heraus, daß ein Anhaltspunkt für die Beurteilung der Ausführbarkeit der vorgeschlagenen Bahn nur durch eine genaue Aufnahme des Terrains und Berechnung der Kosten gefunden werden könne.

Eilzug durchfährt Niederstotzingen in Richtung Ulm. Zuglok ist 215 095-1. 21. August 1983

Eine ebenso lebendige Bewegung zeigte sich in Baden und Bayern, wo zahlreiche Eisenbahnprojekte zur Sprache kamen, die für den württembergischen Verkehr von Interesse und Bedeutung waren.

Unter diesen Umständen konnte die württembergische Regierung es nicht länger verschieben, auf die Herstellung von Kommunikationsmitteln höherer Ordnung, insbesondere von Eisenbahnen, in Württemberg näher einzugehen. Sie ließ Maßregeln anordnen, und zu deren Ausführung wurde auf dem Landtag von 1836 eine Summe von 100000 fl. aus der Restverwaltung ausgesetzt. Als Maßregeln wurden eingeleitet:

  1. die oben angeführten Terrainaufnahmen auszuführen,
  2. vaterländischen Technikern Gelegenheit zu verschaffen, durch eigene Anschauung und Beobachtung sich über das Eisenbahnwesen zu unterrichten,
  3. Sachverständige nach Württemberg einzuladen und
  4. den Zusammenhang der Pläne mit dem Verlauf des Eisenbahnwesens in den Nachbarstaaten zu vergleichen und eventuelle Verhandlungen mit diesen einzuleiten.
Eilzug Aalen-Stuttgart verläßt Aalen. Rechts vorne mündet die Brenztalbahn ein. Winter 1980

In den darauffolgenden Jahren wurde die Eisenbahnfrage umfassend und ununterbrochen erörtert.

Die Verbindung des unteren Neckars mit der Donau und dem Bodensee war es vorzugsweise gewesen, auf die sich anfänglich die Pläne und Wünsche richteten. Nachdem aber die nähere Untersuchung des Terrains einmal beschlossen war, wurde alsbald festgestellt, daß das für Württemberg wichtige Gebiet des mittleren Neckars ohne Berücksichtigung geblieben war. Die vorgenommenen Terrainuntersuchungen umfaßten daher, von Cannstatt als ihrem Mittelpunkt ausgehend:

  1. die Richtung nach der Donau und von da an den Bodensee,
  2. die Richtung nach Heilbronn,
  3. die Richtung nach der Westgrenze des Landes.
Die Baureihe 50 mit Kabinentender am Industriegleis der Firma Feuerbacher. Der eben passierte Bahnübergang wurde in den 70er Jahren durch die Feuchtinger Unterführung ersetzt, die Firma Feuerbacher ging Anfang der 90er Jahre in Konkurs. Heute ist das Gelände rekultiviert und wird für die Landesgartenschau 2006 hergerichtet. Werner Martin, ca. 1965

Das Gutachten traf mit dem sich in Deutschland ausbreitenden Gedanken der Eisenbahn zusammen. So auch in Württemberg. Hier bildeten sich in Ulm und Stuttgart Gesellschaften für die Errichtung von Eisenbahnen, die sich später zur Württembergischen Eisenbahngesellschaft vereinigten. Der Zweck der Ulmer Gesellschaft bestand darin, auf eine Eisenbahnverbindung zwischen Cannstatt und Ulm über Plochingen, Göppingen und Geislingen hinzuarbeiten. Diese Streckenführung blieb in den folgenden Jahren, als sich die gegensätzlichen Meinungen im Remstal und auf der Ostalb bemerkbar machten, das Hauptanliegen der Ulmer, die es auch verstanden, die zukünftigen Anlieger zu begeistern. Die Eisenbahngesellschaft unterstützte auch die Regierung und wurde 1838 aufgelöst, um fortan als Eisenbahnverein zur Verfügung zu stehen.

So entstanden zwei miteinander konkurrierende Streckenführungen:

  1. Cannstatt-Plochingen-Göppingen-Geislingen-Ulm,
  2. Cannstatt- Neckarrems- Waiblingen- Gmünd- Aalen- Heidenheim- Sontheim- Bayern oder Ulm.
Das Giengener Empfangsgebäude mit einem Nahverkehrszug. 1980

Wird die Richtung zur Donau von Cannstatt ausgehend verfolgt, so stellt sich noch innerhalb Württembergs, als Grenze zwischen Neckar- und Donaugebiet, die Schwäbische Alb als trennende Mauer in den Weg. Zwei Taldurchgänge läßt diese Mauer offen, zwischen den Quellen der Prim und Elta bei Spaichingen und zwischen den Quellen des Kochers und der Brenz bei Königsbronn. Der erstgenannte Übergang hätte an der Donau keine sinnvolle Fortsetzung gehabt und wäre parallel zur badischen Rheinbahn verlaufen, war also von vornherein für den württembergischen Verkehr ohne besonderes Interesse. Blieb also vorerst nur der Übergang über die Alb durch das Tal der Brenz. Da aber auch hier Umstände vorlagen, die nicht so recht befriedigten, wurden Untersuchungen angestellt, durch das Tal der Fils an die Donau zu gelangen.

Rangierbewegung im Bahnhof Aalen. Im Vordergrund befindet sich die Abzweigung der Brenztalbahn. 1983.

Generalmajor v. Seeger und Oberbaurat Bühler waren 1836 mit der technischen Untersuchung betraut worden. Seeger war für die Remsbahn bis Sontheim, Bühler für die Filsbahn und den Abschnitt von Sontheim bis Ulm zuständig. Die Arbeiten zogen sich bis 1839 hin.

Während die Untersuchungen andauerten, wurden zwei Schriften verfaßt, um der Eisenbahnfrage in Württemberg neue Impulse zu geben: die auf Geheiß von König Wilhelm I. aus dem Französischen übersetzte Schrift "Die Eisenbahn im Vergleich mit den Wasserstraßen" von Michael Chevalier und die von Karl Etzel verfaßte Schrift "Über die Notwendigkeit und Ausführbarkeit einer Eisenbahn durch Württemberg". Chevalier beschrieb die Vor- und Nachteile der Eisenbahn gegenüber den Wasserstraßen in Beziehung auf Frankreich. Etzel dagegen unterzog die verschiedenen Verkehrsmittel, Schiff, Straße, Pferde- und Dampfeisenbahn einer auf Württemberg bezogenen, genaueren Untersuchung.

Der Bahnhof Oberkochen. Ab hier wird das Tal Richtung Ulm merklich weiter. Im Vordergrund ist die gut ausgebaute Bundesstraße 19 zu sehen. Der Güterschuppen existiert nicht mehr, der Bahnhofsvorplatz wurde 2000/2001 total umgebaut. 11. Mai 1984

Am 22. Februar des Jahres 1839 wurden der Kammer der Abgeordneten das Ergebnis der Untersuchung von Seeger und Bühler vorgelegt. Eine Sonderkommission, bestehend aus Mitgliedern der Regierung, der Zollbehörden, des württembergischen Eisenbahnvereins und des Gewerbevereins Stuttgart sollte die Brauchbarkeit der Untersuchung überprüfen. Zuständig bei der Regierung war Minister Johannes Schlayer vom Ministerium des Innern. In seiner "Note des Ministers des Innern über die bisherigen Vorbereitungsarbeiten der Regierung für die Einrichtung von Eisenbahnen in Württemberg" vom 22. Februar 1839 hieß es über die Rems- und Filsbahn:

Mindere Anstände stellen sich der Benützung des Taldurchgangs zwischen Kocher und Brenz entgegen. Indes erreicht auch sie den Zweck der Verbindung des Neckars mit der württembergischen Donau nur mittels einer großen Umleitung, bei welcher zuletzt die Berührung des bayrischen Staatsgebietes unvermeidlich ist und der obere Teil des Remstales, so wie das Bergjoch, welches Kocher und Rems scheidet, bieten ähnliche Schwierigkeiten, wenn auch in kleinerer Dimension, dar, wie die Alb selbst und die von ihr abfallenden Täler.

Der Vergleich der Steuerzahler zwischen den Anliegern der "Alpbahn" (Filstalbahn) und der Brenzbahn. Protokolle der Kammer der Abgeordneten. 1842/43

In Betracht dieser Umstände und in mancher anderen Beziehung erschien die Untersuchung begründet, ob und unter welchen Bedingungen die besagte Verbindung in der die Mitte des Landes durchschneidenden Richtung hergestelltwerden könnte, in welcher auch dermalen der Verkehr zwischen den zu verbindenden Punkten vorzugsweise sich bewegt. Der Energie des Technikers, welcher mit dieser Untersuchung beauftragt wurde, gelang die Ausmittlung einer Linie, welche durch das Filstal und über die Geislinger Alb nach Ulm unter Verhältnissen führt, die sich der Befahrung mit Dampfkraft nicht versagen.

Der südliche Bereich des Bahnhofes Königsbronn. Die Firma Penner Bausteine ist Ende der 80er Jahre Konkurs gegangen und heute befinden sich an dessen Stelle weitere große Hallen der Firma Günther & Schramm. Das Stellwerk existiert noch, eingebaut in die Wände des neuen Gebäudes. 23. April 1984.

Diese Linie hat eine Länge von etwas mehr als 30 Stunden zu 1300 Dec.Ruten, ungefähr 24 Reisestunden, die Halbmesser ihrer Bogenkrümmungen stehen durchaus beträchtlich über dem nach der Erfahrung als zulässig erkannten Verhältnis. Ihre Steigung von Berg bei Cannstatt bis zur Faurndau-Uhinger Markungsgrenze beträgt nie mehr als 1 auf 202, größtenteils ist sie bedeutend geringer, auch findet teilweise völlige Horizontalität statt. Von dem bemerkten Punkt an bis in das obere Filstal oberhalb Überkingen bedingt die Beschaffenheit des Tales auf einer Strecke von 91,172 Fuß die stärkste Steigung von 1 auf 150, wogegen vom Ende dieser Strecke an die entworfene Linie, das Filstal traversierend und am Abhang der nordwestlichen Bergkette sich hinanziehend, das Plateau der Alb mit einer Steigung von 1 auf 203 in einer Erstreckung von 68,900 Fuß erreicht und sofort bis zu ihrem Kulminationspunkt bei Tomerdingen auf einer Strecke von 41,100 Fuß mit der Steigung von1 auf 270 sich fortsetzt. Von gedachtem Punkt abwärts bis Ulm fällt sie in einer Erstreckung von 72,300 Fuß mit 1 auf 150.

Verminderungen der angeführten Steigungen sind teilweise, jedoch nur durch Vermehrung anderer Steigungen möglich.

Hier werden die Bauarbeiten vom Brunnenkopftunnel bis zum Bahnhof Schnaitheim vergeben. Der Grenzbote. 1862

Der Bergrücken bei Tomerdingen ist mit einem Tunnel von 9400 Fuß zu durchbrechen, der indes auch in eine offene Trasse von 10,000 Fuß Länge und 60 Fuß Tiefe verwandelt werden kann. Vier weitere auf der Bahn zwischen Ulm und Überkingen vorkommende Tunnels sind von keiner bedeutenden Ausdehnung und können zum Teil ebenfalls in offene Durchschnitte verwandelt werden.

Sonstige außerordentliche Bauwesen, die der Plan mit sich bringt, sind eine Brücke über den Neckar bei Plochingen, ein Viadukt von 50-60 Fuß Höhe, mit welchem das Filstal oberhalb Überkingen traversiert wird, ein hoher Bogen an dem Geiselstein bei Geislingen.

Die Kosten der Ausführung dieses Plans sind

a) bei einfachem Schienengeleise, jedoch bereits für ein Doppelgeleise eingerichteter Planie auf

9,150,899 fl. 45 kr.

b)  bei doppeltem Geleise auf

10,925,214 fl.  3 kr.

berechnet, unter welcher Summe auch die Kosten der anzulegenden Bahnhöfe und Beamten- und Offiziantenwohnungen begriffen ist.

Dieses Bild ist in mehrfacher Hinsicht interessant: Der Fußgängerüberweg ist durch eine Betonbrücke ersetzt worden, demzufolge ist das Wärterhäusle abgebrochen worden. Vorne rechts zweigt das älteste Industriegleis der Brenztalbahn zu den Schwäbischen Hüttenwerken ab und die Gütergleise harren der Dinge: Sie sollen aufgegeben werden. 1981

Günstigere Verhältnisse für die Übersteigung der Alb mit einer Eisenbahnlinie, als der bisher besprochene Plan sie darbietet, dürfen in anderen Richtungen vergebens gesucht werden. Eine sorgfältige Erörterung der geografischen Verhältnisse des Albgebirges machte auf den Umstand aufmerksam, daß die Quellen der Erms am nördlichen und der Schmiechen am südlichen Albrand sich sehr nahe gerückt sind und in dem von Münsingen aus südlich sich ziehenden Heutal die Ablenkung einer Eisenbahn vom Plateau der Alb nach dem Tale der Schmiechen eine günstige Vermittlung finden könnte. Eine deshalb angeordnete vorläufige Untersuchung ließ jedoch bald erkennen, daß die bedeutende Elevation der Wasserscheide zwischen den genannten Flüssen einer Eisenbahn in dieser Richtung Schwierigkeiten entgegen setzte, mit denen die in der Richtung durch das Filstal vorgefundenen nicht in Vergleichung kommen.

Eilzug kurz vor der Ankunft im Bahnhof Aalen. 8. Mai 1984.

Dagegen waren triftige Gründe vorhanden, für eine Vergleichung des Bahnzuges über die Geislinger Alb mit einer den Taldurchgang zwischen den Quellen des Kochers und der Brenz benützenden Eisenbahnlinie nähere Anhaltspunkte aufzusuchen, daher die Untersuchungeiner von Cannstatt aus durch die Täler der Rems, des Kochers und der Brenz zu führenden Linie angeordnet wurde. Diese bis zu der Markung Sontheim an der Brenz fortgesetzte Untersuchung gab folgende Resultate:

Eine erste Schwierigkeit bietet der Übergang von Cannstatt in das Remstal über das Plateau von Fellbach, Schmiden und Öffingen dar, da der untere Teil des Remstales von Waiblingen bis Neckarrems wegen seiner Enge und vielen und scharfen Krümmungen für eine Eisenbahnlinie nicht brauchbar ist. Es wurden zwei Linien ausgemittelt, welche beide anfangs das linksseitige Gehänge des Neckartals von Cannstatt abwärts verfolgen, worauf die eine zwischen Mühlhausen und Aldingen, die andere zwischen Aldingen und Neckarrems das Neckartal auf einer Höhe, die erste von 116, die zweite von 129 Fuß überschreitet und das Plateau angreift. Die erste Linie zieht sich sofort an Öffingen, die zweite an Hegnach vorbei; jene erfordert bei Öffingeneinen Stollen von 6000 Fuß Länge, diese bei den hochliegenden Gebirgsvorsprüngen vier Stollen von 1008 bis 2085 Fuß Länge, die jedoch auch in offene Einschnitte verwandelt werden können. Das Gefälle beträgt längs des Neckartals 1 auf 467, sodann bei der ÖffingerLinie 1 auf 250 bis 1 auf 200, bei der Hegnacher Linie 1 auf 1488 Fuß. Diese ist 10,500 Fuß länger als jene.

Von Waiblingen bis Gmünd findet die auf dem linken Remsufer gezogene Linie keine erhebliche Schwierigkeiten. Die Steigung wechselt zwischen 1 auf 251 und 1auf 1133 Fuß.

Oberkochen im oberen Kochertal. Durch die Privatisierung der Bahn wurde es möglich, daß die unwirtschaftlichen Güteranschlüsse der Bahnhöfe aufgegeben werden konnten. Der Güterschuppen besteht nicht mehr und der gesamte Bahnhofsplatz wurde 2000/2001 umgestaltet. 1984

Von Gmünd an beginnt das Remstal bedeutend zu steigen. Bis zur Markung Mandelhof auf der Höhe des die Täler der Rems und des Kochers scheidenden Bergjochs hat die gezogene Linie Steigungen von 1 auf 200 bis zu 1 auf 101 Fuß zu übersteigen. Nur durch an sich schwierige Umleitungen, die noch nicht näher untersucht sind, wäre vielleicht eine Milderung dieser Steigungen zu erlangen.

Auch von dem bemerkten Bergjoch aus setzt sich die Steigung der an den Abhängen der Gebirge hin geleiteten Linie bis auf den Verteilungsbogen zwischen der Kocher- und Brenzquellen fort, wodurch der Nachteil eines ohnehin nurunter schwierigen Verhältnissen möglichen Herabsteigens in das Kochertal und Wiederaufsteigens in demselben vermieden wird. Jene Steigung hat die günstigeren Verhältnisse von 1 auf 298 bis 1 auf 292 Fuß.

Von dem bemerkten Verteilungsboden an durch das Brenztal abwärts bis auf die Markung Sontheim sind die Verhältnisse günstig. Das stärkste Gefälle beträgt 1 auf 2091, das schwächste 1 auf 2646 Fuß.

Eine preußische P 8 vor der Kulisse Aufhausens. Links hinten ist das Brunnenkopftunnel zu sehen, vor dessen Tunnelmund der Bahnposten 17 stand. Friedrich Michel, Um 1935.

Die Länge dieser Bahn von Cannstatt bis Sontheim beträgt, je nach der für den Übergang nach Waiblingen gewählten Richtung 3233 Stunden zu je 13000 Fuß, wozu bei der Weiterführung der Bahn bis Ulm noch beiläufig 78 Stunden kommen würden, so daß also die Verbindung mit dieser Stadt und dem württembergischen Oberschwaben in besagter Richtung mittels einer um 911 Stunden längeren Bahn bewerkstelligt werden würde, als in der Richtung durch das Filstal und über die Geislinger Albhöhe.

Die Nivellierung der Linie von Sontheim bis Ulm ist unterlassen worden, weil man hier günstiger Terrainverhältnisse im Voraus gewiß ist und weil die zu ziehende Linie bei Elchingen das bayrische Staatsgebiet zu durchschneiden hat.

Eine Berechnung der Kosten der Linie von Cannstatt bis Sontheim konnte bis jetzt nicht hergestellt werden.

Der Abgeordnete Dörtenbach aus Calw erstattete am 8. Juli 1839 der Zoll- und Handelskommission, der die Angelegenheit überwiesen worden war, Bericht über die Note. Es kam jedoch zu keinem Beschluß der Kammern, da die Ständversammlung entlassen wurde.

Als Seeger 1841 aus dem Staatsdienst ausgeschieden war, unterzog Bühler die Untersuchungen einer Revision. In seinem Bericht vom November 1841, "Achtundzwanzig der Kommission mitgeteilte Übersichten, das Eisenbahnwesen  betreffend", waren folgende Linien aufgeführt:

Überblick über die voraussichtlich entstehenden Baukosten verschiedener Bahnhöfe in Württemberg. Protokolle der Kammer der Abgeordneten, 1844

  • Stuttgart-Cannstatt
  • Ulm-Cannstatt
  • Ulm-Friedrichshafen
  • Cannstatt-Heilbronn
  • Ludwigsburg-Knittlingen
  • Neckarrems-Brenz
  • einen Kanal von Ulm nach Friedrichshafen und
  • eine Übersicht, welche Straßenkorrekturen unterbleiben würden, wenn Eisenbahnen gebaut werden.

Bühler war, wie aus dem Bericht ersichtlich ist, von der Filsbahn überzeugt. Wörtlich führte er auf Seite CLXXIX 19 Punkte gegen die Anlegung einer Eisenbahn durch das Rems- und Brenztal auf:

1.) die äußerst schwierige Ausführung des Neckarübergangs bei Neckarrems, nämlich eine Brücke von 141 Fuß Höhe, bestehend aus 4 Bogen von je 200 Fuß Spannweite;

2.) die ungünstigen Terrainverhältnisse zwischen Neckarrems und Waiblingen, durch welche die Ausführung von 4 Tunnels auf dieser kurzen Strecke notwendig wird;

3.) die Steigungsverhältnisse von Mögglingen, Oberamt Gmünd, bis zu dem sogenannten Blümle, Oberamt Aalen, mit 1 auf 126 auf 6634 Fuß Länge und 1 auf 101 auf 8606 Fuß Länge;

4.) eine verlorene Steigung von 3 Stunden und 700 Fuß Länge und 51 Fuß Höhe, um das Remstal zu gewinnen;

Rangierlok 260 012-0 aus Aalen im Bahnhof Unterkochen. Der Bahnhof ist mittlerweile ein Restaurant. 8. Mai 1984.

5.) die allzu große Bahnlänge von 41 Stunden von Stuttgart bis Ulm, während diedirekte Bahn durch das Filstal nur30 Stunden Länge erhalten würde;

6.) der höchst ungünstige Umstand, daß 6 1/2 Stunden Bahn auf bayrischem Staatsgebiet erbaut werden müßten;

7.) die allzu bedeutenden Baukosten, die, durch große Bahnlänge herbeigeführt,

11,104,921 fl. 3 kr.

betragen würde, während die Stuttgart Ulmer Bahn durch das Filstal dagegen einen Aufwand veranlaßt von

9,150,899 fl. 45 kr.;

 

8.) die große Anzahl von Bauwerken, welche auf der Remstalbahn von Neckarrems bis Ulm notwendig werden würden, nämlich6 Tunnels, 1 Viadukt, 15 Wegübergänge unter, 8 über und 220 dergleichen auf der Bahnoberfläche, 49 Brücken, 53 Durchlässe, 154 Dobel, 23 Straßenverlegungen,44 Flußkorrektionen, 9 Futtermauern und endlich 76 Bahnwärterswohnungen;

9.) die Gefahr, welche für die Existenz der Schiffahrt und des Handels von Ulm entstehen müßte, da die k. Bayrische Regierung diesen günstigen Umstand sogleich nutzen würde, um in Lauingen einen Stapelplatz zu errichten und damit den uralten Schiffahrtsbetrieb von Ulm aus zu Grunde richten.

10.) Ebenso nachteilig würde diese Bahnverlängerung auf den Handel über Friedrichshafen in die Schweiz und nach Oberitalien und umgekehrt an den Rhein und die Nordseehäfen einwirken, und es müßte jede Hoffnung, mit der badischen Eisenbahn in Konkurrenz zu treten, aufgegeben werden.

11.) Mit der Anlegung der Remstalbahn ginge unter solchen Umständen der Wert einer Friedrichshafener Bahn zum größeren oder größten Teil verloren;

12.) wäre das ganze Neckartal, von Cannstatt aufwärts, dann das Fils-, Lenninger-, Erms- und Echatztal von dem Gebrauch der Eisenbahn ausgeschlossen, weil die Fracht auf derselben bei dem großen Umweg, welchen die Bahn beschreibt, sich so steigern würde, daß in gewöhnlicher Landfracht wohlfeiler aus diesen Gegenden an die Donau und den Bodensee und umgekehrt transportiert werden könnte als auf der Eisenbahn. Gerade durch diesen Umstand aber würde

 

13.) die Remstalbahn einen großen Teil ihrer Frequenz verlieren.

Hier werden die Arbeiten zwischen Schnaitheim und Heidenheim angeboten. Der Grenzbote, 1863

14.) Bei Anlegung einer Filstalbahn würden degegen diese Nachteile für die Rems- und Brenztalbewohner nicht eintreten, da die Bewohner Schorndorfs und Gmünds in2 bis 2 1/2 Stunden Zeit durch den Schurwald und über Hohenstaufen oder Donzdorf, die Bewohner Heidenheims über die Weißensteiner Steige in 2 1/2 bis 3 Stunden auf die Filstalbahn oder in 4 bis 5 Stunden nach Ulm gelangen könnten.

15.) Würde durch die Anlegung einer Remstalbahn das Interesse von Stuttgart und Cannstatt allzu empfindlich verletzt, da aller Durchgangsverkehr, vom Rhein kommend oder von Osten dahin gehend, sich schon in Neckarrems abziehen, mithin Cannstatt und Stuttgart nicht berührt würde.
Sonach würden, was auch die k. Zolldirektion ausgesprochen hat, durch die Anlegung einer Rems-Brenztalbahn

 

a.) die württembergischen Speditionsplätze umgangen;
b.) ginge der Zweck einer direkten Verbindung zwischen Neckar und Donau und die damit in Verbindung stehende Hebung des inneren Handels und Verkehrs verloren;
c.) Spedition und Schiffahrt Ulms würden an einen bayrischen Donauhafen überwiesen,
d.) der Kolonialwarenhandel Ulms mit Bayern vernichtet, und endlich
e.) gingen die Vorteile einer Verbindung mit dem Bodensee, wenn nicht ganz, doch zum größten Teil verloren.

Was endlich den künftig zu hoffenden Ertrag der Bahn betrifft, so hat die vorstehende Berechnung bewiesen, daß sich

 


Das Oberkochener Empfangsgebäude von der Straßenseite 1982.

16.) für den Fall der Erhöhung der Transportkosten für Güter und Reisende nach dem Verhältnis der Transportkosten auf der Filstalbahn die Remstalbahn zwar rentiert, jedenfalls aber nicht die hohe Rente der letzteren Bahn abwerfen würde. In diesem Fall aber ist nicht zu übersehen, daß die Remstalbahnfracht höher als die gewöhnliche Landfracht stehen, nämlich 21 1/2 kr. per Zentner Gut und 2 fl. 50 kr. Passagiergeld für die Person betragen würde, während schon gegenwärtig um 20 kr. per Zentner Güter und um 2 fl. 42 kr. Personen von Stuttgart oder Cannstatt nach Ulm gebracht werden, und es ist einleuchtend, daß dadurch ein großer Teil der Güter- und Personenfrequenz auf der Filstalstraße verbleiben würde und dadurch der Remstalbahnfrequenz entzogen, dadurch aber die berechnete Rente vermindert würde.

17.) Werden dagegen auf der längeren Remstalbahn dieselben Frachtsätze wie auf der Filstalbahn festgesetzt, so beweist in diesem Falle die Berechnung ebenfalls, daß alsdann im glücklichsten Fall 100 fl. Kapital nur ein Interesse von 3 fl. 37 kr. abwerfen. Endlich kommt noch in Betracht,

18.) daß, die K. Hüttenwerke abgerechnet, die Industrie und Fabriktätigkeit des Rems-, Kocher- und Brenztales in den Städten Waiblingen, Schorndorf, Gmünd, Aalen und Heidenheim zurücksteht gegen die Städte Cannstatt mit Berg, Eßlingen, Göppingen mit Umgebung, Geislingen und Ulm.

18.) Wäre zuletzt wohl auch noch die Wichtigkeit einer direkten Verbindung Stuttgarts und Ludwigsburgs mit der künftigen Bundesfestung Ulm in militärischer Beziehung in die Waagschale zu legen.

Im Hinblick auf die Entwicklung des Eisenbahnwesens im übrigen Deutschland und der Einbeziehung Württembergs in dieses Netz brachte die Regierung von Württemberg am 7. März 1842 einen Gesetzentwurf ein. Zu diesem Gesetzentwurf hielt Minister Schlayer einen Vortrag, der sich u. a. auf folgende Punkte stützte:

  1. Die zur Lage des Königreiches Württemberg in Beziehung stehenden und in Betracht kommenden großen Verkehrsgebiete,
  2. die alten Handels- und Verkehrswege,
  3. die geplanten, in Bau und Betrieb befindlichen Eisenbahnen anderer Landesgebiete Deutschlands, besonders der Nachbarstaaten Württembergs,
  4. die Ausführung auf Staatskosten,
  5. die Hinzuziehung eines ausländischen Gutachters und
  6. die konkurrierenden Strecken Rems- und Filstalbahn.
Der tiefverschneite Itzelberger See. Als Klostersee angelegt, trieb er im 19. Jahrhundert die Maschinen der dortigen Eisen verarbeitenden Industrie. 1984

Wörtlich hieß es zu Punkt 4) und 5):

Es ist die Ansicht der Königlichen Regierung, daß die Ausführung eines Systems von Eisenbahnen in der angezeigten Richtung und Ausdehnung zur Aufgabe der Staatsverwaltung zu machen wäre. Sie glaubt, daß die Ausführung im Wege eines unmittelbaren Staatsunternehmens zu geschehen hätte...

Ohnehin liegt es in der Absicht der Regierung, vor dem Angriff des Werkes die Terrains, von denen es sich dabei handelt und die für die Ausführung entworfenen Pläne der Besichtigung eines mit dem Eisenbahnbau praktisch vertrauten, bewährten fremden Technikers zu unterwerfen, eine Maßregel, welche nicht nur auf die Wahl der Richtung und der Details der Ausführung, sondern selbst auf die Prioritätsfrage modifizierend einwirken kann.

Zu den zwei Varianten der Rems- und Filstal bemerkte er:

Für unseren inneren Verkehr wird diejenige Linie einer Eisenbahn als die günstigste anzuerkennen sein, welche sich am meisten dazu eignet, die verschiedenen Landesteile und ihre Hauptstapelplätze mit einander zu verbinden und die gemeinschaftliche Hauptarterie ihres Verkehrs zu bilden. Von selbst ist klar, daß die unter diesem Gesichtpunkt geeignetste Bahnlinie im Lande dieseits der Alb durch den Lauf des Neckars bezeichnet ist. Dem Gebiete dieses Flusses gehört der erwähnte eine Hauptteil des Landes rechts und links mit wenigen Ausnahmen an, seine Täler senken sich diesem gemeinschaftlichen Rezipienten entgegen, die bedeutenderen Stapelplätze seines Verkehrs folgen sich in diesem Tal selbst oder in nächster Nähe.

Eine für die Brenztalbahn untypische Zugzusammenstellung: Dampflok Baureihe 52 mit Doppelstockwagen aus der ehemaligen DDR vor dem Brunnenkopftunnel. September 1993.

Eine besondere Wichtigkeit aber gewinnt die Aufgabe der möglichst innigen Verbindung der verschiedenen Landesteile, welche der zu ziehenden Linie gemacht ist, gegenüber von den zwei Hauptteilen diesseits und jenseits des Kammes der Albgebirgskette, in welche das Land zerfällt. Je mehr Verschiedenheit zwischen diesen zwei Landesteilen in physischen und wirtschaftlichen Verhältnissen besteht, um so mehr haben sie gegeneinander auszutauschen, und um so größerer Wert kommt einer sie verbindenden Verkehrsbahn höherer Ordnung zu. Übereinstimmend mit den bereits ausgehobenen Rücksichten unseres äußeren Verkehrs leiten daher auch diejenigen des inneren Landesverkehrs auf die Fortsetzung der Linie aus dem Neckar- nach demDonautal, und zwar bildet hier zunächst der Hauptstapelplatz Oberschwabens, Ulm, den natürlichen Richtungspunkt. Die Linie vom Neckar durch das Filstal und über die Albhöhebehauptet in jeder Beziehung den oben im Interesse des innern  Verkehrs geforderten Charakter. Unterallen überhaupt physisch möglichen Eisenbahnverbindungen zwischen den beiden Hauptteilen des Landes knüpft sie dieselben auf der kürzesten Linie zusammen, sie schürzt den einen Knoten dieser Linie unmittelbar an dem wichtigsten Verkehrspunkt Oberschwabens, während sie dieselben der Alb weit genug an den Neckar heraufrückt, um dem ganzen Gebiet des oberen Neckars die Mitbenützung dieser Verbindungslinie und mit der Zeit vielleicht die Verbindung mit der Hauptbahn des Landes durch eine Seitenstraße möglich zu machen. Sie folgt überhaupt unter den möglichen Verbindungslinien zwischen Neckar und Donau am nächsten dem Zug der Längsachse des Landes und dehntdaher auch den Spielraum der Mitbenützung für den inneren Verkehr am weitesten rechts und links über den Boden des Landes aus.

Der Ursprung der Brenz: Die Quelle in Königsbronn. Gleich nebenan wurde im 19 Jahrhundert Bohnerz verarbeitet. 1984.

Es ist vielfach von einer anderen Zugrichtung für die Verbindung des Neckars mit der Donau die Rede geworden, welche den Vorteil gewähren würde, daß das Albplateau mittels des Taleinschnittes zwischen den Quellen des Kochers im Neckar- und der Brenz im Donaugebiet umgangen würde. Bei dieser Zugrichtung wird, wenn wir sie von der Nord- oder Nordwestgrenze des Landes her verfolgen, das Neckartal schon unterhalb Cannstatt und Stuttgart bei Neckarrems verlassen, so daß die erste Stadt des Landes undeiner seiner ersten Stapelorte nur durch eine Seitenbahn mit der Hauptbahn in Verbindung gesetzt werden können. Die Linie verfolgt hierauf Täler, die sich teils durch Fruchtbarkeit, teils durch Gewerbebetrieb auszeichnen, aber sie entfernt sich von den Hauptstapelplätzen des Verkehrs im Lande dieseits der Alb nie von seiner Längsachse.

Nahverkehrszug nach Aalen. Bahndamm zwischen Hermaringen und Bergenweiler mit der Brücke über die Hürbe. Winter 1983

Auch die Verbindung des Neckars mit der Donau, des Landes dieseits und jenseits der Alb stellt sie nur auf einem sehr bedeutenden Umweg her, auf welcher sie zuletzt von Brenz nach Ulm an der Landesgrenze hinläuft, ja selbst auf einer bedeutenden Strecke das Landesgebiet ganz verläßt. Den Charakter einer Hauptarterie für den inneren Verkehr des Landes, in welchen die meisten Seitenadern zusammenlaufen, welche die verschiedenen Landesteile am innigsten zusammenbindet, die meiste Zugänglichkeit für sie besitzt, kann diese Linie nicht ansprechen. Die von der Natur selbst gebildete Hauptader des einen größeren Landesteiles, das Neckartal, wird von ihr gerade auf dem Punkt verlassen, wo seine Formation eines der günstigsten  Terrains des ganzen Landes für Eisenbahnen zu gewähren anfängt. Aber auch den Interessen unseres äußeren Verkehrs ist sie minder günstig, weil sie von mehreren der bedeutendsten Stapelplätzen für diesen Verkehr sich entfernt, weil sie die Linie vom Bodensee an denNeckar viel zu weit ausdehnt, weil sie endlich mit ihrer zunächst gegen die Donau unterhalb Ulm genommenen Richtung darauf berechnet sein würde, den Anfangspunkt der Donauschiffahrt von Ulm und von württembergischem Gebiete hinweg nach einem weiter abwärts gelegenen Punkte zu ziehen. Erwägt man nun noch, daß diese Zugrichtung, wenn sie vor derjenigen durch das mittlere Neckar- und Filstal den Vorteil der Umgehung des Albplateau voraus hat, dagegen, wie dies aus der Mitteilung an die Kammer der Abgeordneten vom 22. Februar 1839 hervorgeht, bei dem Übergang aus dem Neckar- in das Remstal Schwierigkeiten zu bekämpfen findet, von welchen die andere Route nichts weiß, daß sie von dem Rems- in das Kochertal einen Gebirgsübergang zu überwinden hat, der demjenigen über das Albplateau an Schwierigkeiten nicht sehr weit nachsteht, daß die Reise von Stuttgart nach Ulm auf einer Eisenbahn durch das Filstal, wenn auch mit teilweiser Anwendung von Pferdekraft, in kürzerer Zeit zurückgelegt werdenkann, als auf der Linie durch die Täler der Rems und der Brenz mit durchaus angewendeter Dampfkraft, daß endlich die letztere Linie schon wegen ihrer ungleich größeren Länge beträchtlich höhere Kosten verursacht, als die Linie durch das Filstal und über das Albplateau, so wird die Wahl zwischen beiden Richtungen für eine Hauptlandesbahn nicht zweifelhaft sein können.

Die Ausschreibung des Oberkochener Bahnhofes im Grenzboten von 1863.

Endlich spricht auch eine von Ulm an den Bodensee über Biberach und Ravensburg gezogene höhere Verkehrsbahn ganz den oben im Interesse des inneren Verkehrs gestellten Forderungen.

Die von Bühler revidierten Vorarbeiten wurden nun einem ausländischen Gutachter vorgelegt. Es war dies der angesehene Oberingenieuer Ludwig Negrelli aus Österreich von der Kaiser Ferdinand Nordbahn. Seine Aufgabe war es, die Arbeiten zu überprüfen und eine Stellungnahme abzugeben über:

1.) Die Wahl der Linie zwischen mehreren miteinander konkurrierender Zugrichtungen,
2.) die Konstruktion des Oberbaus,
3.) die Krümmungshalbmesser,
4.) die Steigungen,
5.) die Angabe der Mittel zur Überwindung einzelner hervorstechender Schwierigkeiten, worunter insbesondere ausgehoben werden:

a.) die Erreichung und Übersetzung des Enztales in der Richtung gegen Westen und Norden,
b.) der Übergang aus dem Neckar- in das Rheingebiet gegen Westen,

c.) der Übergang über die Schwäbische Alb auf der Linie von Stuttgart nach Ulm und die Übersetzung der Wasserscheide zwischen der Donau und dem Bodensee,
d.) die Anlegung der Bahnhöfe im allgemeinen, insbesondere aber des Bahnhofes Stuttgart auf den verschiedenen zur Sprache gebrachten Stellen und im Hinblick auf die mehr oder weniger günstigen Steigungsverhältnissen bis zu demselben,

6.) die Bauwürdigkeit der betreffenden Linien im allgemeinen vom technischen Standpunkt aus und in Vergleichung mit anderen gebauten oder projektierten schwierigeren Eisenbahnen inner- oder außerhalb Deutschlands und
7.) die Kostenanschläge in Beziehung auf die Grundsätze, nach welchen dieselben bearbeitet sind.

Wendezugeinheit vor dem Brunnenkopftunnel in Richtung Aalen. 23. April 1984

Am 29. August 1842 legte Negrelli seinen Bericht dem Ministerium des Innern vor. Darin ließ er erkennen, daß er weitgehend von der Richtigkeit der Vorstudien überzeugt und damit einverstanden sei. Er führte lediglich einige kleinere Verbesserungen an. Über die Ostbahn, der Stuttgart-Ulmer, schrieb er:

Rems- und Brenztaler Bahn

 

Die Ostbahn geht von Stuttgart aus nach Berg und Cannstatt in das Neckartal, vereint sich da mit der Nordbahn, mit welcher sie neckarabwärts bis gegen Neckargröningen fortgeht. Hier trennt sie sich aber von der Nordbahn und lenkt ihre Richtung dem Remstale zu.

Die scharfen Krümmungen der Rems und die tiefen Schluchten, welche den Eingang in dieses Tal bis Waiblingen bilden, nötigen die Bahn, eine hohe Haltung einzuschlagen und sie kann dessen ungeachtet der Notwendigkeit nicht entgehen, um nach Waiblingen zu gelangen, mehrere Bergvorsprünge durchzuschlagen und während die Rems in den Neckar abfällt, muß die Bahn der angedeuteten Hindernisse wegen gegen Waiblingen hinabfallen.

Haltepunkt Bergenweiler. Das Nebengebäude existiert nicht mehr. Frühjahr 1984

Ab Waiblingen war er mit dem Verlauf der Bahn, mit kleineren Einschränkungen, einverstanden. Weiter unten fuhr er fort:

Von Sontheim bis Ulm träfe die Bahn ins Donautal und der Bau davon längs demselben wäre nicht schwer auszuführen, doch fiele hier bei der größte Teil hiervon in der Länge von 6 1/2 Stunden auf bayrisches Gebiet.

Die technischen Schwierigkeiten dieser Bahnlinie konzentrieren sich demnach hauptsächlich auf den Eingang vom Neckar- in das Remstal und auf die Steigung von 1:101 von Mögglingen bis Essingen.

Der erstere ließe sich mittels vier Tunnels zusammen von 6227 Fuß Länge und vier Viadukten oder ein Viadukt und drei enormen Aufdämmungen zusammen von 7000 Fuß Länge und80 bis 150 Fuß Höhe, nebst vielen anderen bedeutenden Arbeiten an Aufdämmungen und Einschnitten zwar erzwingen, doch wäre diese Arbeit unter die schwierigsten zu zählen, welche je einer Eisenbahn auf einem so kurzen Raum vorgekommen sind.

Ein idyllischer Aufgang ziert der Zugang zum Haltepunkt Bergenweiler. Frühjahr 1984

Allein die Bahnlinie von Stuttgart durch das Rems- und das Brenztal bis Ulm hätte an und für sich schon die Länge von 41 1/4 Stunden, weswegen eine weitere Vermehrung der Länge kaum ratsam sein dürfte.

Filstaler Bahn

 

Eine zweite Linie von Stuttgart nach Ulm wurde durch das Filstal und über die Alb versucht.

Diese Linie trennt sich von der Nordbahn bei Berg, wendet sich mit einer angemessenen Kurve rechts, überschreitet den Mühlkanal, tritt dann auf die freie Talfläche und verfolgt dieselbe in sehr gedehnten geraden Linien über Eßlingen, Plochingen, Göppingen und Ebersbach bis Altenstadt unweit von Geislingen. Hier verläßt die Bahn die gerade Richtung und wendet sich rechts, das Filstal immer verfolgend, über Überkingen und Hausen, umgeht den Weigoldsberg bis Reichenbach und tritt, dem rechtsseitigen Abhang des Filstales entlang, gegen Geislingen aber schon sehr hoch über der Stadt wieder hervor, wo sie die frühere Richtung gegen Ulm wieder einschlägt.

Der alte Bahnübergang der Bundesstraße 19 bei Herbrechtingen. Die Signale überspannt heute eine Betonbrücke. Das Bahnwärterhäuschen existiert nicht mehr. Foto Frech, 1960

Durch diese Entwicklung emporgehoben, tritt die Bahn schon bei Steighof auf die Alb und verfolgt das Lonetal über Urspring und Lonsee bis Westerstetten. Hier wendet sich die Bahn, eine günstige Einsenkung des Albrücken glücklich benützend, rechts, erreicht bei Tomerdingen die europäische Wasserscheide zwischen dem Rhein und der Donau, senkt sich von da neben Bollingen vorbei, entwickelt sich gegen Mähringen hinein, welches sie umgibt, entwindet sich aus dem engen Tal und gewinnt bei Ehrenstein die sanften Abhänge des Blautales, an dessen linker Seite sie sich allmählich bis in die Niederungen von Ulm zum Ufer der Donau hinabläßt.

Mit Freuden begrüße ich den Techniker, welcher schon vor mehreren Jahren den Mut hatte, den Versuch zur Ausmittlung einer Eisenbahnlinie über einen Bergpaß von solcher Bedeutung zu unternehmen und mit einem so glücklichen Erfolg durchzuführen.

Nach der Erörterung der Strecke fügte er noch unten an:

In Erwägung nun, daß die Bahnlinie durch das Filstal gegen 12 Stunden kürzer als die Linie durch das Remstal bis Ulm wird; daß die Filstaler Bahn immer im Inlande bleibt, während eine bedeutende Strecke der Remstal-Ulmer-Bahn durch fremdes Gebiet gezogen werden müßte; daß die Remstal-Ulmer-Bahn ungeachtet ihrer größeren Länge keine günstigeren Niveauverhältnisse darbietet; daß weit aus dem größeren Teil der an der Filstaler Bahn vorkommenden Schwierigkeiten mit Erfolg begegnet, während der schwierige Eingang in das Remstal nur erzwungen werden kann: so finde ich mich in Ansehung der überwiegenden Vorteile, die sie darbietet, bewogen, mit aller Bestimmtheit auf die Annahmen der Bahntrace durch das Filstal und über die Alb ergebenst anzuraten.

Informationsübermittlung der alten Zeit. Altes württembergisches Läutewerk in Schnaitheim. Karl Schneider, ca. 1958

Negrelli war, wie Carl Etzel in seinem später nachfolgenden Bericht treffend bemerkte, von der Filsbahn aus Gründen nichttechnischer Natur überzeugt.

Daraufhin wurden die Entwürfe von Bühler nach den Vorschlägen Negrellis abgeändert und ein Gesetzentwurf erarbeitet. Die Kammer der Abgeordneten betrauten eine Kommission, bestehend aus elf Mitgliedern, mit der Begutachtung des Gesetzentwurfes. Diese erstattete im Januar 1843 einen gründlichen, 225 Seiten umfassenden Bericht. Nach längeren Verhandlungen mit der Kammer der Standesherren wurde am 18. April 1843 das Gesetz, betreffend den Bau von Eisenbahnen verabschiedet. Unter Artikel 1 hieß es:

Es werden auf Staatskosten Eisenbahnen erbaut, welche den Mittelpunkt des Landes Stuttgart und Cannstatt, auf der einen Seite durch das Filstal mit Ulm, Biberach, Ravensburg und Friedrichshafen, auf der anderen Seite mit der westlichen Landesgrenze, sowie in nördlicher Richtung mit Heilbronn verbinden.

Der alte Fußgängerüberweg bei der Württembergischen Cattunmanufactur. Der Übergang wurde in den 70er Jahren durch eine Betonkunstruktion ersetzt und gleichzeitig der Bahnübergang geschlossen. Karl Schneider, ca. 1958

Allein auch die bedingte Zustimmung Negrellis vermochte nicht die Zweifel an der Bauwürdigkeit der Entwürfe von Bühler zu zerstreuen, welche eine nicht zu verachtende Opposition in der öffentlichen Meinung hervorgerufen hatten.

Diese Opposition hatte sich gebildet, da Cannstatt und nicht Stuttgart zum Mittelpunkt der Staatsbahn werden sollte und wegen der unbefriedigenden Ausarbeitung der Rems- Brenzbahnvariante. Eine Anfechtung des Gesetzes schien deshalb angebracht, weil

  1. die Entwürfe und Voranschläge für die Rems- und Filsbahn von zwei in ihrer Ansicht wesentlich von einander abweichenden Technikern verfaßt worden waren (gemeint sind Seeger und Bühler) und aus diesem Grunde in manchen Beziehungen eine Vergleichung nicht zuließen,
  2. diese Vergleichung endlich dennoch und zwar von Bühler, wie angenommen wurde, mit Vorliebe für seinen Entwurf angestellt worden war und
  3. die Entwürfe und Voranschläge Bühlers sich als mannigfacher Berichtigung bedürftig zeigten.

Unterstützt wurden die Verfechter der Remstalvariante noch durch Bayern, das seine Nord-Südbahn über Nördlingen zum Anschluß an das württembergische Bahnsystem bringen wollte.

Aufgaben für Fuhrunternehmer: Materialein von Wasseralfingen und Aalen zur Baustelle zwischen Schnaitheim und Heidenheim transportieren. Der Grenzbote, 1863

Da der Zeitpunkt für die Ausführung der erarbeiteten Entwürfe immer näher rückte, beschloß die Regierung, Bühler zuvor noch Gelegenheit zu geben, auswärtige Eisenbahnen zu besichtigen und sich über deren Bau und Betrieb zu informieren. Diese Reise veranlaßte ihn nach seiner Rückkehr, eine erneute Umarbeitung seiner Entwürfe vorzunehmen. Die Änderungen beschränkten sich indessen auf Versuche, Einzelheiten zu verbessern, während die im Jahre 1836 festgestellten Bahnlinien im Ganzen die selben blieben. Weder die öffentliche Stimme noch die Kenntnisnahme von den Fortschritten, welche der Eisenbahnbau seit jener Zeit erfahren hatte, vermochten Bühler zu überzeugen, von den alten Grundsätzen abzugehen.

Zusammen mit diesem Beschluß, Bühler reisen zu lassen, forderte die Regierung, für die definitive Feststellung der Entwürfe als auch für die Ausführung, Männer zu Rate zu ziehen, die im Eisenbahnbau bereits Erfahrung hatten. Die Wahl fiel auf den Professor und Zivilingenieuer Charles Vignoles aus London und den schon erwähnten Carl Etzel.

Eine neue Baureihe 24 am Stellwerk 1 in Heidenheim. Die Aufnahme wurde vom alten Fußgängerüberweg in Richtung Schnaitheim gemacht. Der Bahnübergang, der stähleren Fußgängerüberweg, das Stellwerk und der rechts sichtbare Gleisanschluß der WCM existieren nicht mehr. Friedrich Michel, ca. 1935.

Um die oben angeführten Vorwürfe zu beseitigen, entschloß sich die Regierung, die von den Ständen gewünschte Revision der früheren Entwürfe und Kostenanschläge auch auf die Rems-Brenz-Bahn auszudehnen. Damit wurde durch weitere Untersuchungen in dieser Richtung teilweise dem Wunsche entsprochen, die Regierung möchte über die Terrain- und Verkehrsverhältnisse in den wichtigen Tälern des Jagstkreises Untersuchungen anstellen lassen und nach Umständen, wegen des Baues einer Eisenbahn in diesem Kreis, Mitteilung an die Stände machen. Vignoles und Etzel wurden demzufolge schon im Herbst 1843 mit den Untersuchungen einer Eisenbahnlinie von Stuttgart durch das Remstal nach Ulm beauftragt.

Obwohl die technische Entwicklung der Eisenbahn fortgeschritten war und es als möglich anerkannt wurde, größere Steigungen mit Adhäsionsbetrieb zu betreiben, wollte Vignoles die Alb bei Geislingen mit stationären Mitteln überwinden. Was die Remstallinie anbelangt, so übernahm er die Ausführungen von Seeger und wandte lediglich größere Steigungen an. Da eine Strecke von Neckarrems bis Waiblingen zu kostspielig erschien, war schon vorher versucht worden, eine Verbindung des Neckartal mit dem Remstal von Cannstatt aus nach Waiblingen herzustellen. Vignoles wollte diesen Höhenunterschied mit einer geradlinigen Steigung von 1:80 überwinden. Dies hätte einen starken Einschnitt und ein längeres Tunnel erfordert. Er beschränkte sich darauf, Rat zu erteilen, "die Linie hinsichtlich der Steigungen und Krümmungen sorgfältig zu studieren und durchgehend über das Hochwasser zu legen." Vignoles war seiner Aufgabe nicht gerecht geworden.

Als schwerere "Einheitslokomotiven" die Güterzüge die Geislinger Steige hinauf zogen, wurde die württembergische K für leichtere Lasten im ganzen Ländle eingesetzt. Hier verläßt die 59 012 den Heidenheimer Bahnhof in Richtung Aalen. Stadtarchiv Heidenheim, ca. 1930.

Ganz anders ging Etzel an seine Aufgabe. Mit großer Sorgfalt überarbeitete und verglich er die beiden konkurrierenden Linien zusammen mit Ludwig Klein und Michael Knoll. Am Ende ihres Berichtes führten sie auf:

Aus dem Angeführten dürfte entnommen werden, daß in Hinsicht der Steigungen und Krümmungen, so wie der möglichen Störungen des Betriebes die Ungunst der Winterwitterung beide Linien einander gleichstehen, daß aber in jeder anderen Hinsicht die Filstalbahn der Remstalbahn gegenüber sich im entschiedensten Vorteile befindet. Rechnet man hinzu, daß die Filstalbahn

  1. die Verbindung des Mittelpunktes unseres Landes mit dem oberen Neckartal auf die einfachste Weise und ohne weitere Kosten herstellt,
  2. daß sie die kürzest mögliche Linie von dem Mittelpunkte nach der zweitbedeutendsten Stadt des Landes, nach Ulm, beschreibt,
  3. daß sie dort gleichfalls auf dem kürzesten Wege und auf württembergischem Grund und Boden die Verbindung mit den südlichen Landesteilen, ferner
  4. mit der Schweiz und Italien,
  5. durch die Donauschiffahrt mit einem Teil von Bayern, Österreich und den Donauländern vermittelt,

so wird man nicht allein gestehen müssen, daß die von Regierung und Ständen auf dem Landtage von 1843 getroffene Wahl eine wohlbegründete war, sondern noch mehr, daß keine andere Strecke der württembergischen Eisenbahnen von der Natur so unverkennbar als Hauptader des Verkehrs bezeichnet ist wie eben die Filsbahn.

Das Härtsfeld. Blick von Kleinkuchen auf das die Landschaft beherrschende Kloster Neresheim. 1984

Ferner machten die drei noch über die aktuell gewordene Linie von Aalen nach Nördlingen Untersuchungen, die von Seeger, Bühler und Negrelli noch nicht in Betracht gezogen worden waren.

Somit lag der Ausführung der Filstalbahn als Hauptverkehrsader durch Württemberg nichts mehr im Wege, und am 26. Juni 1844 wurde am Pragtunnel zwischen Stuttgart und Feuerbach der erste Spatenstich unternommen.