Die Bahningenieure haben den Ausbauplänen für die Brenzbahn einem sogenannten Stresstest unterzogen, eisenbahnbetriebliche Untersuchung nennen das die Fachleute. Kann der Fahrplan auch dann stabil gefahren werden, wenn es Verzögerungen gibt, wie den Einstieg von großen Menschenmengen oder Langsamfahrphasen? Das Ergebnis der Berechnungen: Die bisherigen Ausbaupläne reichen nicht aus. Es muss nachgebessert werden.
Statt der ursprünglichen acht bis neun Kilometer Zweigleisigkeit bei Sontheim und Langenau und fünf Kilometer im Bereich Oberkochen sollten es jetzt im Idealfall insgesamt 24 Kilometer werden, auf denen die Brenzbahn zweigleisig ausgebaut wird. Bei einer Gesamtstreckenlänge von 72 Kilometern wäre das rund ein Drittel.
Mit diesen Erkenntnissen wurde die Interessengemeinschaft Brenzbahn jetzt konfrontiert. Deren Vorsitzender und Heidenheims Landrat Peter Polta hält die Pläne dennoch für umsetzbar und zielführend. „Damit können wir einen großen Qualitätssprung machen“, sagt Polta und stellt sich hinter den Ausbau.
Warum drängen die in der IG Brenzbahn vereinten vier Anlieger-Landkreise und Städte nach dem Brenzbahn-Ausbau?
Ziel ist seit dem Start der IG im Jahr 2014 ein besseres Angebot für Zugreisende und Pendler so wie für den Gütertransport.
Insgesamt drei Pakete hatte die IG Brenzbahn geschnürt. Paket eins ist der schnelle Interregio-Express zwischen Ulm und Aalen, der jede Stunde statt wie bislang alle zwei Stunden fahren soll. Zudem soll die Regio-S-Bahn von Ulm bis nach Sontheim zur Hauptverkehrszeit verlängert werden.
Paket zwei beleuchtet den Abschnitt zwischen Heidenheim und Aalen, mit zwei neuen Bahnhalten in Aalen-Süd und am Zeiss-Werk und einem Halbstundentakt beim Bummelzug, der an allen Haltestellen stoppt. Und Paket drei ist schließlich die Elektrifizierung der gesamten Strecke. Bislang können nur Dieseltriebwagen fahren.
Wie realistisch ist die Umsetzung?
Laut Landrat Peter Polta hat sich sowohl das Land als auch die DB-Netz AG in einer Absichtserklärung zum Ausbau der Brenzbahn bekannt. Zudem ist das Regio-S-Bahn-Projekt seit Februar in der Kategorie C beim Bund für den Ausbau gelistet. Damit hat die Region in Sachen Umsetzung und Finanzierung den Fuß in der Tür.
Vorige Woche kam laut Polta eine weitere gute Nachricht: Das Land hat eine Potenzialanalyse für den Güterverkehr zugesagt und bezahlt diese auch.
Welche Abschnitte sollen nach aktuellem Stand zweigleisig werden?
Nichts verändert wird am Ausbau zwischen Bergenweiler-Sontheim und bis vor Niederstotzingen mit insgesamt fünf Kilometern. Um vier Kilometer verlängert wird der Abschnitt bei Langenau, der statt bis Elchingen nun bis Thalfingen reichen soll. „Mit insgesamt 14 Kilometern ist das jetzt eine größere Dimension, aber die DB sagt, dass der Fahrplan anders nicht stabil zu fahren sei“, so Landrat Peter Polta.
Für Paket zwei steht zwar der Stresstest noch aus, dennoch hat auch hier die Bahn bereits zwei Varianten ins Spiel gebracht. Variante eins ist laut Polta ein zweigleisiger Ausbau zwischen Oberkochen-Itzelberg von rund 6,5 Kilometer. Variante zwei der Ausbau von zehn Kilometern von Unterkochen bis Königsbronn. Diese Variante sei zwar teurer, aber von der Betriebsqualitiät und für den Güterverkehr deutlich robuster, so Polta.
Steht noch eine Machbarkeitsstudie für die Elektrifizierung aus — das dritte und letzte Paket. Polta spricht von Ausgaben von einem niedrigen fünfstelligen Betrag, wobei das Land 75 Prozent der Kosten übernehme.
Was steht im nächsten Schritt an?
Paket ein sei mit dem Stresstest planerisch abgeschlossen, sagt Oliver Dümmler, Geschäftsführer der Regio-S-Bahn Donau-lIller und eng mit der Brenzbahn betraut. Im Moment wird an der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung gearbeitet. Denn nur wenn der volkwirtschaftliche Nutzen nachgewiesen sei, sei der Bund bereit, den Ausbau zu fördern. Dümmler ist optimistisch. Die Kriterien für den Kosten-Nutzen-Vergleich seien angepasst worden, so erhalte Klimafreundlichkeit wesentlich mehr Punkte. Das wirkt sich auch günstiger für die Elektrifizierung aus, die der Bund mit bis zu 90 Prozent bezuschusst.
Wie viel kostet der Ausbau insgesamt?
Die Gesamtkosten samt Elektrifizierung haben sich laut Polta auf 442 Millionen Euro gesteigert. Auf die Region entfallen 76 Millionen Euro und davon auf den Landkreis Heidenheim 30 bis 40 Millionen Euro. Allerdings würden beim Ausbau 75 Prozent der Ausgaben, bei der Elektrifizierung 90 Prozent gefördert, sodass der Landkreis Heidenheim acht bis zehn Millionen Euro finanzieren müsse. Die Kostensteigerung lässt sich am Paket 1 ablesen: Zuvor war hier von 141,75 Millionen Euro die Rede, mit der Erweiterung auf 14 Kilometer wird der Ausbau mit 166,89 Euro beziffert.
Der Kreistag habe sich bereits grundsätzlich für den Brenzbahn-Ausbau ausgesprochen. Doch rechnet Landrat Polta mit einer neuen Beschlussfassung, wenn die neuen Pläne fertig auf dem Tisch liegen. Allerdings würde der Kreistag ständig über die Neuerungen informiert.
Wie ist der Zeitplan des Ausbaus und wann könnte die Brenzbahn fertig sein?
„In den nächsten fünf Jahren wird sich noch nichts umsetzen lassen“, sagt Dümmler. Wenn alle Planungen fertig sind, könne man einen Förderantrag bis zum Jahr 2025 stellen. Landrat Polta hat bei der Realisierung die nächste europaweite Ausschreibung im Blick. Alle zehn bis zwölf Jahre vergebe das Land den Bahnverkehr neu. 2032 sei das wieder soweit. „Für uns als Region ist es nun wichtig, den Druck mit diesem Zielhorizont aufzubauen“, so Polta. Bei der neuen Vergabe müsste die neue Brenzbahn bereits die Grundlage sein mit neuen, elektrischen Fahrzeugen und einem besseren Takt.