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06.12.20 00:35 Uhr Alter: 3 Jahre
Mobilität: Was die Zukunft bringt
Von: Karin Fuch, HZ
Infrastruktur Parallel zur Umfrage Bawü-Check zu den verkehrspolitischen Herausforderungen beurteilen. Landrat Polta und Oberbürgermeister Ilg die Lage vor Ort, zeigen neuralgische Stellen und Lösungen.

Wie bewerten die Menschen die Verkehrspolitik des Landes, den Zustand der Verkehrsinfrastruktur und die aus ihrer Sicht größten verkehrspolitischen Herausforderungen? Diese Fragen waren zentral bei der Umfrage „Viele Baustellen“, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der baden-württembergischen Zeitungsverlage erarbeitet hat.

Parallel zu den landesweiten Ergebnissen schildern Landrat Peter Polta und Oberbürgermeister Bernhard Ilg ihre Einschätzungen zu Mobilität-Herausforderungen vor Ort. Beide gehören zu den wichtigsten Treibern und Akteuren, was die Weichenstellungen auf Schiene, Straße, Rad- und Fußwegen sowie bei alternativen Mobilitätsformen angeht.

An welcher Stelle gibt es die größten Verkehrs-Probleme im Landkreis?

Landrat Peter Polta verweist auf ein Gutachten, das 2019 zur Analyse und Verkehrsprognose in Auftrag gegeben wurde. Dabei seien hochbelastete Ortsdurchfahrten für das Prognosejahr 2030 identifiziert worden, insbesondere auf den wichtigen Verkehrsachsen B 19 und B 466, aber auch im Bereich der Landesstraßen. Zu den Ortsdurchfahrten gehören laut Gutachten Königsbronn, Aufhausen und Schnaitheim im Zuge der B19 sowie Bereiche der Stadt Giengen im Zuge von Landesstraßen.

Und wo klemmt es in der Stadt Heidenheim am meisten?

Oberbürgermeister Bernhard Ilg nennt den Eugen-Jaekle-Platz und die Karlstraße, weil an diesen beiden Stellen die Fußgängerzone von den zwei Ästen einer Bundesstraße durchschnitten werde.

Welches ist die häufigste Klage, die Oberbürgermeister Ilg in Sachen Verkehr bzw. Infrastruktur zu hören bekommt?

„Der häufigste Kritikpunkt ist, dass das Schulbusangebot nicht ausreicht, dass die Busse im Stoßverkehr zu voll sind. Auch, dass es in Heidenheim zu wenige und zu teure Parkplätze gebe, höre ich öfter“, sagt OB Ilg. Ebenso werde das Fehlen einer „grünen Welle“ beklagt. Das werde aber von Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern gleichermaßen so wahrgenommen. „Meine Antwort darauf ist, dass wir seit vielen Jahren beständig sehr viel investieren in die Verkehrs-Infrastruktur, und zwar für alle Verkehrsteilnehmer: ÖPNV, Straßen, Radwege, Gehwege.“

Was war die größte Heidenheimer Verkehrsinvestition der vergangenen fünf Jahre?

Ilg nennt den barrierefreien Ausbau am Bahnhof Heidenheim, den die Stadt in siebenstelliger Höhe mitfinanziert habe. Zudem erinnert er an den Ausbau der Paul-Hartmann-, Berg-, Römer- und Ploucquetstraße mit der gleichzeitigen Stärkung des Radverkehrs.

Was war die wichtigste Verbesserung in Sachen Mobilität in den versangenen fünf Jahren im Landkreis?

Durch die Umsetzung des Nahverkehrsplanes und der damit verbundenen Ausschreibung der Busverkehre sei im Stadtverkehr Heidenheim, im Linienbündel West und Nord/Ost das Linienangebot verbessert worden, so der Landrat. Bei der Brenzbahn habe es 2019 einen erheblichen Qualitätssprung durch die Übernahme von Regionalbahn und -express durch die Südwestdeutsche Landesverkehrs AG (SWEG) gegeben. „Mit der Performance sind wir sehr zufrieden“, so das Urteil des Landrats. Im Bereich des Straßenbaus sei in enger Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium der Lückenschluss der B 492 umgesetzt worden, zudem habe es bei Landesstraßen wichtige Sanierungen gegeben.

Welches werden die größten Verkehrsbaustellen der kommenden fünf Jahre sein in Stadt und Landkreis Heidenheim?

Landrat Polta führt den Ausbau der B 466 zwischen dem Sontheimer Wirtshäusle und dem Kreistierheim zu an. Speziell für Heidenheim verweist OB Ilg auf den weiteren Ausbau von Olgastraße und Bergstraße.

Was passiert schon 2021 in Sachen Verkehrsinfrastruktur, das eine Verbesserung bringen wird?

Der Landrat verweist auf den ÖPNV und die neue Planung des Linienbündels Süd. Es werde zum Beispiel künftig die Linie 63 geben, die zwischen Giengen und Herbrechtingen verkehrt und das Industriegebiet mit anbindet. Die Linie 61 wird zukünftig über Hürben, Burgberg und Hermaringen geführt. Ebenfalls seien für den bayrischen Raum im Bachtal zusätzliche Fahrten über Oggenhausen nach Heidenheim eingeplant.

Welches ist 2021 die wichtigste Investition Heidenheims in die Mobilitätsverbesserung?

„Ganz klar: der Verkehrsentwicklungsplan“, so OB Ilg. Der Gemeinderat hat bereits 2018 dem in Darmstadt ansässigen: Büro R+T den Auftrag für einen neuen Verkehrsentwicklungsplan erteilt, dessen Aussagen bis ins Jahr 2035 reichen sollen. Die Ergebnisse werden für 2021 erwartet.

Ein erstaunliches Ergebnis der Allensbach-Umfrage ist: 68 Prozent der befragten Pendler schließen aus, auf den ÖPNV umzusteigen? Brauchen wir angesichts solcher Zahlen den Brenzbahn-Ausbau?

„Eindeutig ja“, sagt Ob Ig und liegt damit mit Landrat Polta auf gleicher Linie. „Zum motorisierten Individualverkehr müssen Alternativen angeboten werden, die diesen Namen auch verdienen. Das ist beim Zugverkehr im Moment eher nicht der Fall“, so Ilg. Polta verweist auf die steigenden Fahrgastzahlen auf der Brenzbahn, die verdeutlichten, dass die Menschen wieder vermehrt auf den Schienenpersonennahverkehr umstiegen. „Die Straßen werden mit immer mehr Verkehr belastet und Parkflächen reduziert, sodass die Brenzbahn auch in der Zukunft ein attraktives Verkehrsmittel sein wird“, ist Polta überzeugt und betont die Belastung auf der B 19. „Die Brenzbahn kann mit der jetzigen Infrastruktur keine zusätzlichen Angebote schaffen. Daher ist es unser erklärtes Ziel die Planungen voranzutreiben.

Neuerdings gibt es die Idee, eine Seilbahn zwischen Aalen und Oberkochen zu bauen. Lohnt das?

„Für den ÖPNV gilt: Je besser das Angebot ist, desto größer wird die Nachfrage sein“, sagt Ilg und bleibt bei seiner zustimmenden Haltung. „Die Seilbahn, so wie sie uns vorgestellt wurde, bietet auf Grund ihrer Flexibilität gegenüber einem schienengebundenen Verkehrsmittel große Freiheit und gegenüber dem motorisierten Individualverkehr die Gewissheit, dass man nicht im Stau steht.“ Auch vom Landrat gibt es keine Denkverbote: Öffentlicher Verkehr werde sich immer weiterentwickeln. Gerade in Bereichen, wo infrastrukturelle Ausbaumöglichkeiten limitiert seien, könnten Seilbahnen aufgrund ihres geringen Flächenverbrauches Alternativen bilden. Die Vertreter des Mobilitätspaktes hätten sich verständigt, über Innovationen und neue Mobilitätsformen ergebnisoffen nachzudenken.