Landrat Thomas Reinhardt ärgert sich mächtig über die Bahn. In einem Brief an den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn für das Land Baden-Württemberg listet er die Zugausfälle der vergangenen Wochen auf und weist auf die „gravierenden Verspätungen“ ebenso hin wie auf die Kapazitätsprobleme aufgrund einer nicht ausreichenden Anzahl von Triebwagen. „Die Häufung von Zugausfällen, Verspätungen und Kapazitätsproblemen lässt aus unserer Sicht nur den Schluss zu, dass die RAB (Anmerkung: die Bahntochter Regionalverkehr AlbBodensee) überfordert ist und es anscheinend auch an Unterstützung von Seiten des Konzerns mangelt“, heißt es im Brief. Für die DB AG müsse es doch möglich sein, bei Fahrzeugproblemen kurzfristig Ersatzfahrzeuge zu stellen.
Überhaupt nicht nachvollziehbar sei, dass bei Erkrankungen von Lokführern kein Ersatzpersonal zur Verfügung steht. Von jedem mittelständischen Busunternehmer werde erwartet, dass sich personelle Engpässe nicht auf den Fahrplan auswirkten. „Die RAB kann bzw. will sich anscheinend kein Ersatzpersonal für Notfälle leisten“, unterstellt der Landrat mit dem Seitenhieb darauf, dass die RAB gleichzeitig in der Lage sei, rund 62 Millionen Euro an den Konzern abzuführen. „Hier könnte unterstellt werden, dass Gewinnmaximierung auf dem Rücken des Fahrgasts betrieben wird.“ Reinhard kritisiert die Bahn nicht nur für ihre schlechte Informationspolitik.
Entschuldigungen habe es nur in Einzelfällen gegeben.
Es würde nur auf Anfragen vonseiten der Presse reagiert, zunächst jedoch würden Probleme totgeschwiegen. Reinhard appellierte an den Konzernbevollmächten, sich hier einzuschalten, damit derartige Beeinträchtigungen künftig vermieden werden.
Mit seinem Wutbrief ist Reinhardt nicht allein. Der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Stoch hatte sich im Juni an die DB Regio gewandt, die zwar versichert hatte, „mit Hochdruck“ an der Beseitigung der Mängel zu arbeiten.
Trotzdem traten weiterhin Probleme auf der Brenzbahn auf. „Viele Pendler, die auf Pünktlichkeit angewiesen sind, drohen sich von einer Nutzung der Brenzbahn und damit des öffentlichen Schienenpersonennahverkehrs abzuwenden“, befürchtet Stoch. „Das kann und darf nicht im Sinne des Mobilitätskonzepts der Landesregierung liegen.“ Deswegen bittet Stoch seinen früheren Kabinettskollegen nachdrücklich, seinen Einfluss als Verkehrsminister auf die Deutsche Bahn dahingehend auszuüben, dass sich die nicht hinnehmbaren Zustände auf der Brenzbahn baldmöglichst und nachhaltig bessern.
Des Weiteren wandte sich Stoch an Minister Hermann wegen immer wieder auftretender Beschwerden über die defekten Aufzüge am Giengener Bahnhof. Da die Hauptursache der Aufzugsdefekte meist in Sachbeschädigungen liege, halte es die Stadt Giengen für besser, einen barrierefreien Zugang zu den Gleisen durch eine oberirdische Querung zu erreichen. Dies hatte die Verwaltung dem Eisenbahnbundesamt bereits 2003 mit einer Stellungnahme deutlich gemacht.
Auch in dieser Angelegenheit bat Stoch den Verkehrsminister um Unterstützung bei der DB AG und eine baldigen Besserung der Situation.
„Es muss schließlich auch im Interesse des Verkehrsministeriums und der Landesregierung liegen, mehr Menschen für den öffentlichen Personennahverkehr zu gewinnen und damit unsere überfüllten Straßen zu entlasten. Mit den derzeitigen Vorfällen auf der Brenzbahn kann dies allerdings nicht gelingen“, kritisiert der Parlamentarier die inakzeptablen Zustände.
Auch Grünen-Landtagsabgeordneter Martin Grath hatte bereits Kontakt mit Verkehrsminister Hermann.
Dieser sei „außer sich, was da passiert“. Die Bahn müsse bereitstellen, was bestellt sei, sei auch sein Standpunkt. „Wenn wir mehr Verkehr auf die Bahn bringen wollen, kann es nicht sein, dass solche Dinge wie auf der Brenzbahn passieren“, schimpft auch Grath. Die Bahn verdiene schließlich Geld damit und wenn sie nicht gut genug ist, gebe es mittlerweile auch Konkurrenz, die besser sei.
Eine Reaktion der Bahn auf den vorige Woche abgeschickten Brief des Landrats ist noch nicht eingetroffen.