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06.03.16 16:37 Uhr Alter: 9 Jahre
Die Ausschreibungen zum Ulmer Stern, Netz 12
Von: Reinhard Walloschke und Uwe Siedentop
ULM. Das Land Baden-Württemberg vergibt für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) die von ihm bestellten Zugverkehrsleistungen neu.

Die neuen Fahrzeuge der Baureiohe 644 warten noch auf eine Zulassung des Eisenbahnbundesamtes. Die Inbetriebnahme war im Februar vorgesehen. Fotos: Uwe Siedentop


Das Ergebnis langer Vorplanungen zu der Ausschreibung des Netzes 12 „Ulmer Stern“ wurde vom MVI – Ministerium für Verkehr und Infrastruktur – zusammen mit der NVBW – Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg - im Ulmer Rathaus vorgestellt.

Das Land Baden-Württemberg bestellt derzeit mit 23 Verträgen rund 65 Millionen Zugkilometer pro Jahr. Ende 2016 endet der mit der DB Regio AG 2003 abgeschlossene „große Verkehrsvertrag“, ebenso weitere Verträge mit der DB und mit nichtbundeseigenen Eisenbahnen. Sämtliche Verkehrsleistungen aus diesen Verträgen werden in wettbewerblichen Verfahren neu vergeben. Um einen Wettbewerb unter möglichst vielen Eisenbahnverkehrsunternehmen zu ermöglichen, wurden 18 Vergabenetze ausgearbeitet.

Für jedes Vergabenetz wurden vom MVI ein spezielles Lastenheft erstellt, dass den zu erbringenden Leistungsumfang definiert. Enthalten sind auch die Anforderungen an die einzusetzenden Fahrzeuge sowie Vorgaben zu wichtigen Rahmenbedingungen wie Zugbegleitquote, Sicherheit und Pünktlichkeit.

Da auf keine Vorarbeiten in Sachen Ausschreibungen SPNV in Baden-Württemberg zurückgegriffen werden konnte, muß das MVI sich in diese Angelegenheit gänzlich neu einarbeiten. Viel Pionierarbeit ist dazu notwendig und im Laufe der Arbeiten kamen - und kommen immer noch - Unwägbarkeiten auf, die so nicht geplant waren. Entsprechend schwierig und zeitaufwändig gestalten sich die Arbeiten.

Um eine gewisse Sicherheit in den Ausführungen der Ausschreibungen zu bekommen, organisiert das MVI für jedes Netz eine Informationsveranstaltung, bei der die zuständigen Behörden und Firmen sowie die verschiedenen Verkehrsverbände zum Informationsaustausch eingeladen werden. Hier stellt das MVI seine bis dahin entstandenen Planungen und Eckpunkte vor und zur Diskussion. Diese Fachgespräche drehen sich somit um die in den Regionen auszuschreibenden Netze. Auch ist es möglich, das bestimmte Strecken in mehreren Netzen ausgeschrieben werden. Die Brenzbahn z. B. ist in Netz 5 „Donau-Alb“ und Netz 12 „Ulmer Stern“ vertreten.

Während Netz 5 bereits im Juni 2015 in Stuttgart vorgestellt wurde, folgte jetzt am 24. Februar 2016 der Ulmer Stern. Allerdings wurde im Vorfeld bereits festgestellt, dass es kein Stern mehr sein wird: Die bayerische Seite schreibt ihre Linien gesondert aus, also nicht im Verbund mit den württembergischen Strecken.

Die auszuschreibenden unterschiedlichen Netze berühren Ulm mit folgenden Linien:

 

 

  • Netz 1b – Geislingen-Ulm

  • Netz 2 – Stuttgart-Ulm-Bodensee

  • Netz 5 – Donau-Ostalb

  • Netz 12 – Ulmer Stern

  • Netz 16a – Aulendorfer Kreuz

 

 

Als Grundlage der Ausschreibungen dienten die formulierten Ziele des Landes:

 

 

  • Mobilitätsgarantie im Stundentakt (ca. 5 bis 24 Uhr) mit Ausnahmen bei Früh- und Abendspitzen, die Taktlage und die Anschlussbeziehungen bleiben unverändert.

  • Das Angebot in den Frühspitzen bleibt unverändert

  • Expresszüge zwischen den Oberzentren

  • Nachfrageorientiertes Angebot (ab 5000 Fahrgästen ein Zugpaar pro Stunde und Tag)

  • SPNV-Angebote über landesfinanzierte Angebote hinaus nur durch Finanzierung dritter (z. B. Landkreise)

  • Transparente Angebotspolitik im ganzen Land

 

 

Auf Grundlage dieser Vorgaben und Ziele wurde das Netz 12, „Ulmer Stern“, aus folgenden Strecken zusammengestellt:

 

 

  • 755 – Ulm-Schelklingen-Munderkingen (RB)

  • 757 – Ulm-Langenau – Heidenheim – Aalen (RE)

Ulm-Langenau (-Aalen) (RB)

RB nach Aalen nur mit Berufs- und Schülerverkehr Mo-Fr.

  • 758 – Amstetten (Württ.) - Gerstetten

Freizeitverkehr

  • 759 – Schelklingen-Münsingen-Kleinengstingen

Berufs- und Schülerverkehr Mo-Fr sowie Freizeitverkehr

 

 

Bei der Ausführung der einzelnen Strecken und ihren speziellen Anpassungen wurde vom MVI für die Strecke 757 – Ulm-Aalen „Brenztalbahn“ keine wesentliche Veränderung angekündigt. Lediglich die Durchbindung der Züge nach Crailsheim werde wegfallen, da hier der Bedarf durch elektrische Züge aus Netz 1 gedeckt werde.

Die genannten Eckpunkte und Ziele gelten auch für die bereits bestehenden Angebote. So wird sich am IRE der Zweistundentakt nichts verändern. Allerdings wurde das Ziel, diese Züge auf einen Stundentakt zu verdichten, genannt. Ebenso wurde betont, das die Angebote zwischen 21 und 9 Uhr nur mit RE bzw. mit RB gefahren werden. Ein später Zug, ab 23.23 Uhr von Aalen, ist ebenfalls in die Planung mit aufgenommen, allerdings nur bis Heidenheim. Was keine Änderung erfahren wird, sind die zweistündlichen Halte in Bergenweiler und Itzelberg.

Ein wichtiger Punkt in den Ausschreibungen bis 2025 wird das Fahrzeugangebot sein. Hier strebt das MVI eine generelle Neuanschaffung an. Interessant wird aber das Thema Neigetechnik sein: Wird es neue Fahrzeuge mit dieser Technik geben? Der Hintergrund dieser Frage beruht auf dem Ausbau der Brenzbahn in den Jahren 2003 bis 2007 für eine Geschwindigkeit von 160 km/h auf Grundlage dieser Technik.

Als Eckpunkte für die neuen Fahrzeuge nannte das MVI: 55 cm hoher barrierefreier Zugang, Behindertengerechte Toiletten, Klimaanlage, WLAN und Fahrgastinformationen. 2019 sollen die neuen Fahrzeuge bereits starten. Früher sei nicht möglich, da die Firmen mindestens 3 Jahre Bestell- und Bauzeit benötigen. Laufzeit der Fahrzeug ist bis 2032 vorgesehen. Zugbegleiter werden auf der Strecke nicht zu 100% verfügbar sein.

Als ein wichtiges Thema wurde auch die Fahrradmitnahme angesprochen. Das MVI versprach, die Frage als Hausaufgabe mitzunehmen und entsprechend zu berücksichtigen.

Aus den Reihen der Gemeinden und Verbände kam auch die Frage nach den Verkaufsstellen der Fahrkarten. Die sollen, nach Aussagen des MVI, weitestgehend erhalten bleiben, gegebenenfalls unter neuem Anbieter.

Als eine interessante Frage wurde die Flexibilität der neuen Verkehrsverträge angefragt: Was passiert, wenn durch Umbaumaßnahmen neue Angebote zur Verfügung stehen? Muß dann zum bestehenden Vertrag erneut verhandelt werden, was zu Kostenerhöhungen führen kann? Diese Frage beantwortete das MVI mit 15%. Dieser Spielraum sei in den Verträgen enthalten, um solchen Schwankungen entgegenwirken zu können. Außerdem würde es auf die Vertragsart ankommen. Sind es Bruttoverträge, bei denen die Einnahmen der Fahrkartengelder am MVI übergeben werden, werde sich die Veränderungen kaum auswirken. Allerdings bei den Nettoverträgen, wo die Einnahmen dem Verkehrsunternehmen zustünden, könne sich die Angebotsanpassungen in einer anderen Form bemerkbar machen.

In diesem Zusammenhang wurden auch Sonderverkehre bei Sonderveranstaltungen angesprochen. Auch hier versicherte das MVI, dass solche Veranstaltungen im Rahmen der neuen Verträge weiterhin bedient werden können.

Eine weitere Möglichkeit, überraschende Kostensteigerungen zu unterbinden, bestünde darin, eine entsprechende Vertragsklausel einzubeziehen. Sollte gar das Angebot über den genannten 15% liegen, könne auch eine Extraausschreibung durchgeführt werden.