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Eine Dokumentation über die Anfänge des öffentlichen Stadtlinienverkehrs in Stuttgart - 1860 bis 1897
04.08.14 17:45 Uhr Alter: 10 Jahre
Die Weichen richtig gestellt
Von: Michael Brendel HZ
Herbrechtingen ist mit historischer Bausubstanz nicht gerade überreicht gesegnet. Und nachträglich lassen sich Gebäude, die in diese Kategorie fallen könnten, leider nicht ins Stadtbild einpassen. Die Bezeichnung historisch setzt nun einmal ein gewisses Alter voraus.

Aus diesen beiden Sätzen wird klar, weshalb es eine richtige Entscheidung ist, den Bahnhof zu kaufen. Er ist zwar kein Kleinod, aber bis zu seiner Sanierung war das Kloster auch alles andere als das. Folglich ist der Beweis erbracht, was sich aus einem wenig gepflegten Gemäuer machen lässt.
In beiden Fällen handelt es sich außerdem um Bauwerke, die eine entscheidende Rolle für Herbrechtingens Entwicklung spielten. Manch andere Kommune hat steinerne Zeugen ihrer Geschichte voreilig geschleift und muss deshalb unscharfe Fotos aus vergilbten Nachschlagewerken bemühen, um sich seine Wurzeln vor Augen zu führen.
Es geht aber nicht nur um die Vergangenheit. Nein, die Verknüpfung mit der Zukunft verspricht den besonderen Reiz, die Gestaltungshoheit über den Bahnhof und seine unmittelbare Umgebung in den eigenen Händen zu halten. Man denke nur an ein 2011 aus Kostengründen bis auf Weiteres zu den Akten gelegtes Stadtbussystem. Sollte es in absehbarer Zeit doch kommen, dann kann niemand den Bahnhofsvorplatz als sich geradezu aufdrängende Drehscheibe des öffentlichen Personennahverkehrs anderweitig belegen.
Wahrscheinlich ist zudem, dass der Ausbau der Brenzbahn auf die Gemeinden und Städte ausstrahlt, die entlang der Route über einen Halt verfügen. Ein herausgeputzter Bahnhof wird dann zur täglich tausendfach betrachteten Visitenkarte.
Wer’s nicht glaubt, der nehme einmal den Zug nach Ulm und schaue beim Stopp in Langenau aus dem Abteilfenster: Der vor einigen Jahren von der Stadt erworbene Bahnhof beherbergt heute hinter einladender Kulisse neben der Musikschule und einem großen Veranstaltungssaal auch ein Bistro und einen Kiosk.
Und dann ist da ja noch der Preis. 90 000 Euro – mit etwas Verhandlungsgeschick wohl etwas weniger – sind geradezu ein Schnäppchenpreis. Zumal keinesfalls die Notwendigkeit besteht, sofort weitreichende Umbauten folgen zu lassen. Solange die aktuellen Mieteinnahmen die laufenden Kosten decken, geht’s in erster Linie darum, Herr im Hause zu sein.
Der Gemeinderat hat mit dem Beschluss, den Bahnhof zu kaufen, schon deshalb die Weichen richtig gestellt, weil die Fahrgäste nun vielleicht bald wieder in den Genuss eines geschlossenen Warteraums kommen.