Die Trasse für einen zweigleisigen Ausbau der Brenzbahn zu sichern, ist im Regionalplan für Ostwürttemberg verbindlich festgeschrieben. Dies bestätigt Dirk Seidemann, stellvertretender Verbandsdirektor des Regionalverbands Ostwürttemberg. Nicht immer jedoch habe der Regionalverband Kenntnis von geplanten Umnutzungen oder Flächenverkauf. Erst neulich aber habe der Verband an einer anderen Stelle im Ostalbkreis erfolgreich interveniert.
Keine Kenntnis hatte der Verband indes von einem Flächenverkauf in Heidenheim im Bereich „Ohr“, wegen dem der Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Heidenheim die Bahn kritisiert.
Durch den Verkauf einer Gleisfläche am Hotel und Restaurant Linde sei ein zweigleisiger Ausbau an dieser Stelle nicht mehr möglich.
„Ein handfester Skandal, dass kurzzeitiger Profit mehr wiegt als die Perspektive auf Wachstum auf der Schiene“, so VCD-Vorstandsmitglied Reinhard Walloschke.
Der Grundstücks-Verkauf liegt laut Auskunft des neuen Eigentümers Martin Bosch bereits fünf Jahren zurück. Verhandelt habe damals sei Vater, der reagiert habe, als das stillgelegte Industriegleis der Firma Voith vor zehn Jahren abgebaut worden sei. Vertreter der Bahn hätten damals bescheinigt, dass von den 78 Kilometern der Brenzbahn insgesamt 26 Kilometer entlang der Strecke nicht im Besitz der Bahn seien.
Für den Heidenheimer Gastronomiebetrieb hatte diese zusätzliche Fläche eine wichtige Bedeutung: Die Stadt hatte eine Verbreiterung der Feuerwehrzufahrt angemahnt. Außerdem werde ein Teil der Fläche als Parkplatz für die Gäste genutzt, so die Auskunft von Bosch. Er verweist darauf, dass auch an anderen Stellen die Bebauung knapp an die Brenzbahn heranreicht, sodass ein zweigleisiger Ausbau schwierig sein dürfte.
Die Bahn AG selbst konnte gestern über den Sachverhalt keine Auskunft geben, sondern hat die Anfrage an die zuständige Stelle weitergeleitet. Ein Sprecher verwies jedoch darauf, dass es beim Neubau von Strecken erst einmal unerheblich sei, ob die Bahn im Besitz der gesamten Flächen sei oder nicht.
Ob der Platz in Heidenheim für einen zweigleisigen Ausbau ausreiche, könne er zwar nicht beurteilen, so der stellvertretende Regionalverbandsdirektor Seidemann, doch seien die bisherigen Planungen für einen Ausbau der Regio-S-Bahn davon nicht tangiert. Für die Verlängerung der Regionalbahn, die bisher von Ulm kommt und in Langenau endet, ist ein zweigleisiger Ausbau einer fünf Kilometer langen Strecke zwischen Langenau und Rammingen im Gespräch sowie ein 1,3 Kilometer langes Stück zwischen Sontheim und Bergenweiler. Derzeit sei man im Land im Gespräch, um eine Finanzierung zu finden, so Seidemann. Auch wenn die momentanen Ziele nicht gefährdet seien, so habe der VCD dennoch Recht, dass die Trasse für einen langfristigen zweigleisigen Ausbau gesichert werden müsse.
Für einen dichteren Verkehr mit neuen Haltepunkten sei eine Zweigleisigkeit unabdingbar, erklärt Walloschke. Er denke dabei an ein Konzept des Vereins Solar Mobil Heidenheim, welches zum Ziel habe, mit neuen Haltepunkten sowohl Wohngebiete wie Im Fürsamen als auch Arbeitgeber wie Zeiss SMT, Voith und Hartmann direkt fußläufig anzubinden. Walloschke verweist auf die Stadtumlandbahn im Kreis Heilbronn auf der Strecke bis nach Öhringen: „Ein Erfolgsmodell, welches vielen Menschen preiswerte und komfortable Mobilität für die alltäglichen Wege ermöglicht“. Dort würden nun entlang der Bahn kräftig Neubaugebiete wachsen. „Das ist ein Zeichen, wie eine Region von einer S-Bahn profitieren kann“ so der VCD.
Für das Dilemma in Heidenheim sieht Walloschke maßgeblich die Bundespolitik in der Verantwortung. Die Trennung der Sparten Netz und Betrieb sei die wichtigste von einer Reihe von Maßnahmen, so die Einschätzung des VCD. Der Appell Walloschkes richtet sich insbesondere an die Bundestags-Kandidaten Roderich Kiesewetter (CDU) und Claudia Sünder (SPD), deren Parteien an dem bisherigen Modell eines „integrierten Konzerns“ festhalten wollen. „Eine deutliche Fehlentwicklung“ urteilt Reinhard Walloschke, der den Verkauf beim Hotel Linde als „kurzsichtig“ bezeichnet. Die nächste Bundesregierung müsse eine zweite Bahnreform angehen, denn „nur wenn die Schieneninfrastruktur in einem eigenständigen öffentlichen Unternehmen geführt wird, kann sie wirklich dauerhaft vor einer Privatisierung und Renditeorientierung geschützt werden“, appelliert der Verkehrsclub Deutschland.