Letztere ist auch eine Uhr-Bevölkerung. Weil ein Schwabe pünktlich ist, bedarf er seit jeher genauer Informationen zur Tageszeit. Und so war es gar keine Frage, dass der Heidenheimer Bahnhof bei seinem Bau in den 1860er-Jahren mit einer schönen Uhr ausgestattet wurde. Man war schließlich modern, und praktischerweise fuhren ja auch die Züge der Brenzbahn von Anfang an genau nach der Uhr (am Anfang vielleicht sogar noch mehr als heute).
Knapp 150 Jahre später ist die Welt eine andere, der Schwabe besitzt Armbanduhren und Handys mit Zeitanzeige. Doch auf öffentliche Uhren kann man bis heute nicht verzichten: Im Frühjahr verschwand die Bahnhofsuhr aus ihrem Turmgemach, und es hagelte Beschwerden. Dutzendweise wies man die Zeitung darauf hin, dass der Bahnhof nunmehr zeitlos und damit im Wert gesunken sei. Pflichtschuldig hakte die Redaktion bei der Bahn nach, die wiederum gab pflichtschuldig bekannt, dass die alte Uhr komplett hinüber sei und durch moderne Technik ersetzt werde. Eine Funkuhr werde beschafft, extrem exakt, genau das richtige für den Schwaben.
Lange ist es her, dass der Bahnhof nun wieder eine Uhr hat. Sie funktioniert Tag und Nacht, geht weder vor noch nach. Ein netter Service der Bahn, die eigentlich in erster Linie für Schienenverkehr denn für Zeitansagen zuständig zeichnet – und die für ihre Fahrgäste an den Gleisen ja noch eigene Uhren aufgehängt hat.
Tja – und wie viele Anrufe hatten wir seither? Keinen einzigen. Null. Das war, lieber Undank, eben auch nicht geschimpft und damit gelobt genug. Oder um es anders zu sagen: Das war wieder mal der Welt Lohn.
Aber Du liest das ja eh nicht.