Von wegen schnöder Bahndamm! Sogar solch ein eher unbedeutendes Stück Erde hat Augenweide-Potenzial, wie Uhlig auf dem länglichen Stück Bahngelände direkt gegenüber seiner Wohnung beweist. Alljährlich war es meterhoch mit Brennnesseln zugewachsen, eine Beleidigung nicht nur fürs Auge des Künstlers.
Und so fing Uhlig vor fünf Jahren an, sich dem vernachlässigten Areal zwischen Hartstraße und Bahngleis-Schotterbett gestalterisch zu widmen. Mittlerweile hat er alles im Griff, aus der ins Kraut geschossenen Wiese ist ein gepflegtes Stück Rasen geworden, verziert mit allerlei Beigaben der rustikalen, altehrwürdigen Art: Zinkwanne, Wagenrad, Schlitten, Fass. Was als Behälter Platz zum Wurzelschlagen bietet, dient als Blumentopf, auch die Nachbarn steuern immer wieder mal ein Stück zur bunten Idylle bei.
Ein stabiles Bänklein mittendrin lädt zum Verweilen ein, immer wieder findet man sich hier gesellig zusammen, trinkt eine Flasche Bier miteinander, plaudert. Ein größeres Blumenbeet hat Uhlig mit fleißig in Baugruben aufgesammelten Steinen eingefasst, zwei ausrangierte, aber wieder aufgemöbelte Stücke Jägerzaun schirmen das unkonventionelle Blumengärtle zum nur einen Meter entfernten Schotterbett der Gleisanlage ab.
„Wenn der Zug kommt, muss man bei der Blumenpflege schnell den Hintern einziehen“, beliebt Künstler Uhlig zu scherzen, als gerade das BrenztalBähnle vorbeirauscht.
Auch den aus dem Boden ragenden Betonring eines offenbar stillgelegten Schachtes wusste Uhlig dekorativ zu gestalten, nächstes Jahr soll diesem Arrangement hier mit einer Brunnenattrappe sozusagen die Krone aufgesetzt werden. „Das muss ich aber noch mit dem Wassermeister abklären“, schränkt der Initiator ein, hofft auf grünes Licht.
Uriger Blickfang der Uhligschen Bahndamm-Idylle ist ein hoch aufragender Wurzelstock, eine Art Wegweiser, der mit diversen Täfelchen von der Erzgebirge-Heimat des Künstlers kündet. Neben Hammer und Fäustel, also typischen Bergmann-Werkzeugen, finden sich hier mundartlich gefärbte Hinweise aufs „Hutzenstübl“ (gemütliche Kneipe), aufs „Arzgebirg“ (Erzgebirge) und „nach Behme drim“ (ins Böhmische hinüber).
Kompakt flankiert wird das augenfällige Bahndamm-Ensemble von einem lang hingezogenen, fein säuberlich aufgeschichteten Stapel Brennholz. Der unterscheidet sich von anderen Vertretern seiner Art durch großflächig angebrachte Gemälde des Künstlers, wetterbeständig und dauerhaft in Öl gemalt und das auf stabilen Aluminium-Platten. Die Motive lassen auf starke Neigung zur neuen Heimat schließen, es dominieren Ansichten von Itzelberg und Königsbronn, angereichert jeweils mit den Ortswappen.
Praktisch: Neben dem dekorativen Effekt leistet das nebenbei auch gleich Werbung in eigener Sache des Künstlers. Der legt aber Wert darauf, alles am Bahndamm aus eigener Tasche zu bezahlen bzw. hier unentgeltlich für die Allgemeinheit tätig zu sein: „Es soll einfach nur schön aussehn“.
Und in der Tat: das Holzlager war schon immer ein Lagerplatz für Brennholz, erschien aber noch nie so plakativ geschmückt.
Übrigens: Die Bahn duldet das Bahndamm-Blumengärtle nicht nur, sondern nimmt in besonderer Weise auch Rücksicht darauf.
Einmal im Jahr fährt nämlich ein Zug auf der Strecke und besprüht den Grünstreifen links und rechts vom Gleis mit Pflanzenschutzmitteln, um Zuwachsen zu verhindern. Wie Helfried Uhlig schon öfter beobachtet hat, bleibt das Itzelberger Bahndamm-Idyll aber stets demonstrativ von der Giftspritze verschont.
Das Malen liegt den Uhligs offenbar im Blut, denn der Großvater war schon Kunstmaler, der Vater ebenfalls. Seit 1990 lebt der aus dem Erzgebirge stammende Helfried Uhlig mit seiner Familie im oberen Brenztal, wohnte zunächst kurz in Königsbronn und zog dann nach Itzelberg. Beruflich ist der Vater von zwei Kindern bei den Schwäbischen Hüttenwerken als Lagerverwalter tätig.
Schnell machte er sich einen Namen als Kunstmaler, betreibt im früheren Forstamt am Rande des Klosterhofs ein Atelier. Die gemalten Schilder an den Ortseingängen von Ochsenberg und Itzelberg sind von ihm, ansonsten betätigt er sich künstlerisch durchaus vielseitig: Aquarelle, Öl, Pastellfarben, Kohlezeichnungen, Skulpturen aus Gips.