Der Stuttgarter und der Münchner Hauptbahnhof haben viele Ähnlichkeiten: Beide wurden als Kopfbahnhöfe in großen Schneisen bis an die Zentren der Städte gebaut, beide sind wichtige Verkehrsknotenpunkte, beide sind alt – der Münchner, dessen ursprünglicher Bau von 1847 bis 1849 errichtet wurde, hat sogar knapp 70 Jahre mehr auf dem Buckel als sein Stuttgarter Bonatz-Pendant. Auch in München gab es Mitte der 1990er-Jahre Pläne für einen neuen unterirdischen Durchgangsbahnhof, auch München sollte sein neues milliardenschweres „M 21“ erhalten. Sechs unterirdische Bahngleise waren geplant, auf denen der Zugverkehr durchgeleitet würde, sowie eine neue Mini-Haupthalle, die den jetzigen Bahnhof ersetzt.
Mitte der 1990er-Jahre ging der damalige Bahnchef Heinz Dürr mit der Idee vom Durchgangsbahnhof regelrecht hausieren: München wurde dafür anvisiert, Frankfurt und Stuttgart. Doch in München hat der Stadtrat im Vergleich zu Stuttgart andere Impulse gesetzt, alsam 21. Juni 1996 dieDurchgangsbahnhof-Idee vorgestellt wurde – auch hier mit dem Argument, dass dies nötig sei für die viel beschworene „Magistrale“ von Paris bis nach Budapest. Die geplanten Kosten lagen bei 4,1 Milliarden D-Mark (2,1 Milliarden Euro).
Der unterirdische Entwurf wurde in München als „Maulwurfsding“ bezeichnet, und die Kommunalvertreter forderten die Bahn mehrheitlich auf, auch nach Alternativen für diese milliardenteure, radikale Lösung zu suchen. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) hat, wahrscheinlich ohne sich dessen richtig bewusst zu sein, schon bei der ersten Projektvorstellung den Kernpunkt getroffen, warum aus „M 21“ nie etwas werden würde. Ude hatte gesagt: „Das Projekt darf die gewachsene Struktur unserer Innenstadt nicht zerstören und muss von der Bevölkerung mitgetragen werden.“ Gegen den Willen von Teilen der Bürger würde er „M 21“ nicht durchdrücken.
Udes Töne hat man von Stuttgarts OB Wolfgang Schuster (CDU) nie gehört. Die Botschaft aus dem Rathaus am Nesenbach lautete stattdessen immer wieder: Entweder kommen ein neuer Bahnhof und die Schnellbahnstrecke nach Ulm – oder gar nichts. Münchens Stadtrat hingegen hatte mit seiner Forderung nach alternativen Planungen durchaus Erfolg: Es wurde ein Konzept entwickelt, das neue Zug-Durchgangsröhren vorsieht, wenn sie denn erforderlich sind. Der bisherige Bahnhof würde dabei in weiten Teilen erhalten bleiben. Damit haben die Münchner eine Modernisierung in der Schublade und können das Konzept bei Bedarf hervorholen.
2001 nahm die Bahn „München 21“ aus ihrem mittelfristigen Ausbaukonzept – damit war das Projekt praktisch tot. Der Konzern hatte in einer Studie ermittelt, dass der Durchgangsbahnhof kaum von Nutzen gewesen wäre. Denn – anders als in Stuttgart – starten oder enden die meisten Züge in München.
Zwei von drei Reisenden hätten Nachteile im Vergleich zum Kopfbahnhof, weil sie sich entweder erst einmal in den Untergrund begeben müssten, um von dort zu starten, oder weil sie unter der Erde ankommen würden, um von dort zunächst an die Oberfläche aufzutauchen.
Und Durchgangszüge könnten gerade einmal zwei Minuten Zeitgewinn einfahren. Der Frankfurter Durchgangsbahnhof wurde ebenso gestrichen wie München. Es blieb einzig Stuttgart als Ort für die ambitionierten „21“-Pläne aus der Mitte der 90er Jahre.
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München hat den Kopf behalten - Tieferlegung des Bahnhofs früh gescheitert
Von: Patrick Guyton SWP
Wie Stuttgart sollte auch München einen Durchgangsbahnhof bekommen. Der Stadtrat forderte Alternativen, und OB Ude stellte klar, dass er nichts gegen den Willen der Bevölkerung durchdrücken würde.
Kategorie: Stuttgart 21
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