Eine ganze Liste von Verbesserungsvorschlägen für die Brenzbahn hatte Landrat Hermann Mader bei der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Bauwesen und Verkehr vorgelegt, der nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer möglichen Pkw-Maut eine „Renaissance der Schiene“ prophezeite.
Kürzere Taktzeiten, mehr Zugverbindungen, in die Nacht hinein, ausgeweitete Fahrpläne, Elektrifizierung der Brenzbahn und ihren zumindest stellenweisen zweigleisigen Ausbau hatte Mader in das Lastenheft für die „Lebensader“ Schiene notiert. Dr.
Ing. Walter Gerstner, verstand sich als Geschäftsführer der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) zwar als „Partner der Region“, musste aber um Geduld bitten. Im Rahmen des bestehenden Verkehrsvertrags seien bis 2016 keine zu-sätzlichen Verbesserungen im Angebot der Brenzbahn möglich - es sei denn auf dem Wege der Kompensation durch den-Wegfall einer bestehenden Leistung. Für die 2016 neu zu vergebenen Konzessionen müssten in der Region möglichst rasch aussagekräftige Daten zum einem verbesserten Leistungsangebot vorliegen, damit diese in die Ausschreibung eingearbeitet werden können. „Sie sollten bis 2011 wissen, was sie wollen.“ Gerstner riet auch dazu, denWunsch nach einer Elektrifizierung politisch deutlicher zu formulieren. Ihm, als Berater der Landesregierung, wäre dies „in dieser Klarheit“ nicht bekannt gewe-sen. Das gelte auch für den zweigleisigen Ausbau.
Auch beim Ausbau der Infrakstruktur musste Gerstner auf mittelfristige Perspektiven verweisen.
Erst für 2016 ist der Planungsbeginn für den barrierefreien Ausbau des Heidenheimer Bahnhofs vorgesehen. In Sontheim/Brenz und in Schnaitheim sehe die Bahn nach vorgenommener Prüfung keine Möglichkeiten ihrerseits zur Errei-chung einer Barrierefreiheit Züge auf das beim Bahnhof liegende Gleis umzuleiten.Der damit verbundene Zeitverlust von bis zu einerMinute sei imFahrplan nicht kompensierbar. Millionen Euro teure Investitionen in neue Weichen und eine Gleisver-längerung, um beide Gleise gleich schnell zu machen, seien wirtschaftlich nicht vertretbar. Als Alternative bliebe nur eine Aufzuglösung,wobei über die Kosten zu sprechen wäre. Nur bei mehr als 1000 Fahrgästen pro Tag hat sich die Bahn verpflich-tet, sofort für Barrierefreiheit zu sorgen.
Für ihn persönlich, so Landrat Mader, habe eine Verkürzung der Taktzeit und ein verbesserter Fahrplan Vorrang vor einer Barrierefreiheit.
Die Auswirkungen von Stuttgart 21 auf die Brenzbahn soll der frühere SPD-Fraktionssprecher im Landtag und heutige Stutt-gart 21-Botschafter Wolfgang Drexler bei der nächsten Kreistagssitzung Ende April erläutern. Doch mehr als das Großprojekt prägen heute noch kleine Unstimmigkeiten den Alltag der Bahn und ihrer Kunden.
Sowohl Ulrich Grath (Freie Wähler) wie auch Jörg Ehrlinger (SPD) bemängelten die kurzen Umsteigezeiten am Ulmer Haupt-bahnhof zum Fernverkehr. „Sechs Minuten reichen nicht von dem entlegenen Ankunftsgleis“, so Grath. Als nicht zuträglich für den Ruf des Musterlandes Baden-Württemberg empfand es Mader, dass Millionen Euro in die Brenzbahn investiert wur-den, damit hier schnelle Neigezüge fahren können, aber aufgrund von Technik-Problemen kein Zug fahrbereit sei. Auch dass im Landkreis keine Fahrräder in der Brenzbahn mitgenommen werden dürften, bleibe schwer vermittelbar.
Zumindest an Wochenende und außerhalb des Berufsverkehrs sollte dies möglich sein.
Überproportional begünstigt
Für NVBW-Geschäftsführer Dr. Ing. Walter Gerstner ist die Brenzbahn heute in einem modernen und guten Zustand. Durch das 90-Millionen-Euro Investitionsprogramm in den letzten Jahren sei sie sogar überproportional begünstigt gewesen. Für Gerstner hat der BrenzbahnAusbau durchaus Effekte gezeigt. Die Zahl der Zugkilometer habe sich von 1995 bis 2009 von zirka einer Million auf 1,3 Millionen pro Jahr erhöht, die Zahl der Fahrgäste sei in diesem Zeitraum um zirka 20 Prozent auf 3000 Reisende am Tag gestiegen.
Gerstner unterstrich aber auch, dass der Nahverkehr weiterhin hoch bezuschusst werde. Pro Zugkilometer liege die Zuwendung zwischen 9 und 9,50 Euro.