Die Phase der Gutachten ist vorbei – für Landrat Hermann Mader soll es jetzt ans Eingemachte gehen: Mit einem ganzen Forderungskatalog wendet sich der Landrat an die „Hausherren“ der Brenzbahn. Grundtenor: Wenn der Kreis nicht abgehängt werden will, muss sich auf der Strecke noch einiges tun – und zwar schnell.
Der Adressat von Maders Schreiben ist wohl nur Insidern geläufig – aber wichtig: Die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist die Stelle, die den „Schienenpersonennahverkehr“ landesweit ausschreibt.
Sie hat den Verkehr auf der Brenzbahn bisher an den „Regionalverkehr Alb-Bodensee“ (RAB) vergeben, ein Unternehmen der Bahn-Tochter DB Zug-Bus.
Der Auftrag ist kein Ding der Ewigkeit: Neue Ausschreibungen stehen an, und vor diesem Hintergrund sieht Landrat Mader die Chance, auf alte wie potenzielle neue Betreiber Druck zu machen.
Gegenüber dem NahverkehrsgesellschaftsGeschäftsführer Walter Gerstner hat Mader nun einen ganzen Forderungskatalog formuliert, der unserer Zeitung vorliegt. Mader verweist darin auf zahlreiche Gutachten, die Kreis und Regionalverband, aber auch die IHK und die Nahverkehrsgesellschaft selbst in Auftrag gaben.
Das Ergebnis sei eindeutig, so Mader: Ein „zumindest abschnittsweiser zweigleisiger Ausbau mit Elektrifizierung“ sei nötig, damit sich Züge in beiden Richtungen nicht ständig an zügiger Durchfahrt hindern.
Neben dieser Hauptforderung (Mader schreibt selbst, dass es „nur langfristig möglich“ sei), listet der Landrat aber auch andere Mängel auf, die schneller zu beheben seien.
Angesichts höherer Fahrgastzahlen scheine die RAB „zunehmend Probleme“ zu haben, die nötigen Kapazitäten bereitzustellen.
Mader spricht von teils hoffnungslos überfüllten Zügen ebenso wie von der Posse der vom Land angestrebten kostenlosen Mitnahme von Fahrrädern – gerade die auf der Brenzbahn rollenden Triebwagen vom Typ VT 650 haben in der heutigen Ausführung gar keinen Platz für Fahrräder.
Ebenfalls konkret spricht der Landrat den mangelhaften Takt nach Ulm an: Der 21:12-Uhr-Zug ab Ulm sei 2007 gestrichen worden und habe ein zweistündiges Verbindungsloch hinterlassen – der Ersatz (Zug bis Langenau und dann per Bus) sei umständlich und werde darum auch nicht angenommen.
Hier müsse ebenso ein neuer Zug her wie nach 22:18 Uhr, der bislang letzten Verbindung am Abend. Mader fordert Züge in den Kreis bis 24 Uhr.
Weitere Forderungen verbindet er mit den Haltepunkten und Bahnhöfen: An den barrierefrei zu erreichenden Bahnsteigen hielten oft nur wenige Züge, die Masse fahre aus unerklärlichen Gründen gegenüber ab – besonders gravierend sei das in Schnaitheim und Sontheim zu bemerken. Ebenfalls vielen Fahrgästen spricht der Landrat mit Kritik an Bahnsteigänderungen durch Zugverspätungen aus dem Herzen – über die müsse man zumindest per Lautsprecher informieren.
Die bevorstehende Ausschreibung sei eine „Chance“ die Mängel anzugehen, so Mader – andere Probleme wie die vollen Züge müsse man hingegen sofort lösen: „Hier kann nicht zugewartet werden, bis Fahrgäste wegen Kapazitätsproblemen abwandern.“ Eine laufende Studie belege offenbar, dass eine attraktivere Brenzbahn auch die nötigen zusätzlichen Passagiere anlocken könne.
Obwohl der Plan einer zweigleisigen Brenzbahn seit dem Baustart 1858 besteht – die Strecke war eigentlich schon zweigleisig konzipiert – und eine Umsetzung trotz einer Modernisierung in den Jahren 2003 bis 2007 für rund 75 Millionen nicht erfolgte, hält Landrat Mader den Zeitpunkt für noch radikalere Schritte für gekommen, nicht zuletzt wegen der Rahmenbedingungen im Land (siehe eigener Beitrag). „Es ist ungemein wichtig für unsere Region.“ Mader, selbst früher in Langenau tätig, verweist auf die dortige Situation: In Langenau ende der Halbstundentakt bis Ulm, die Züge machten dort kehrt. „Ich bin davon überzeugt, dass die wirtschaftlich gute Lage von Langenau auch etwas mit dem viel besseren Anschluss an Ulm zu tun hat – und das nicht nur wegen der Entfernung.“ Ganz grundsätzlich gelte, dass die Strecke Ulm-Aalen schneller werden müsse. Taktverdichtung, bessere und mehr Züge, optimierte Betriebsabläufe – über all das soll die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg nun auch den zuständigen Kreistagsausschuss für Umwelt, Bauwesen und Verkehr informieren: Offiziell hat Landrat Mader NVBW-Chef Walter Gerstner oder einen Vertreter für den 12. April in den Kreis geladen, um über die Forderungen und „zeitliche Horizonte“ zu beraten.