Spurten müssen sich bislang die Bahnreisenden, die via Brenzbahn am Ulmer Hauptbahnhof ankommen, um den AnschlussICE Richtung Stuttgart zu erreichen.
Kommt der Zug ohne Verspätung an, bleiben gerade mal sechs Minuten, um vom letzten Bahnsteig bis zu einem der ersten zu rennen. Nach dem Fahrplanwechsel bekommt der Fahrgast zum Umsteigen zwei Minuten länger Zeit.
Für die Heidenheimer Fahrgäste heißt die Schnelligkeit jedoch Verzicht auf Bequemlichkeit.
Denn um „der Mehrheit der Kunden das günstige Fahrplanangebot zu machen, müssen wir den Heidenheimern weh tun“, räumt ein Bahnsprecher ein.
Den Zeitvorteil holt die Bahn raus, indem der Regionalexpress im Bereich Heidenheim aufs Tempo drückt. Dies kann er nur auf dem schneller zu befahrenden Gleis 2. Denn im Millionenschweren Umbau nicht inbegriffen war der Austausch der Weiche in eine Hochgeschwindigkeitsweiche.
Eine solche wäre nötig gewesen, um auch das Hausbahngleis 1 schnell anfahren zu können. Laut Bahnsprecher würde die Fahrt über Gleis 1 einen Zeitverlust von ein bis zwei Minuten ausmachen. Dieser Zeitvorteil ist jetzt alle zwei Stunden drin, weil dann der schnelle Interregio-Express auf der eingleisigen Strecke auf dem Weg Richtung Aalen ist und dieser gekreuzt wird.
Die Verlegung auf Gleis zwei bringt in Heidenheim nicht nur den Nachteil des Treppensteigens, sondern spitzt auch die Lage derjenigen zu, die auf einen barrierefreien Zugang angewiesen sind: Gehbehinderte, Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kinderwagen. Der Ausbau des Bahnhofs mit Aufzug und barrereifreien Zugängen ist erst für 2016 vorgesehen.
Wissend um die zunehmende Erschwernis fordert deshalb der Verkehrsclub Deutschland die Stadt auf, Druck auf die Bahn zu machen und gleichzeitig Mittel im Haushalt bereit zu stellen für die Beteiligung an der Bahnhofssanierung. Ebenso wiederholt der VCD die Forderung, die Brenzbahn abschnittsweise zweigleisig auszubauen.
Am dringendsten wäre dies auf dem Abschnitt zwischen Ulm und Niederstotzingen, wo sich drei Zugsysteme das eine Gleis teilen müssen. Bei Zweigleisigkeit auf einigen Abschnitten könnten mehr Züge im Gegenverkehr passieren, ohne wie bislang immer auf Zughalte in Bahnhöfen angewiesen zu sein, was die Verbindung langsam mache. Auch der Regionalverband hat diese Forderung auf seiner Agenda.
Mit seiner Forderung rennt der VCD in Heidenheim offene Türen ein. Oberbürgermeister Bernhard Ilg will bei der Planung aufs Tempo drücken. Dabei will er die Bahn mit einem finanziellen Bonbon locken: Zusätzlich zum finanziellen Pflichtteil, mit dem sich alle Kommunen am Bahnhofs-Umbau beteiligen müssen, kann sich Ilg vorstellen, noch mehr Geld locker zu machen. Die Stadt Heidenheim würde 18 Prozent der Planungskosten für die barrierefreie Erschließung des Bahnhofs übernehmen, das wären zusätzlich rund 200 000 Euro. Dafür erwartet Ilg im Gegenzug aber ein „deutliches Vorrücken“ der Stadt Heidenheim in der Priorität.
Das Bahnhofssanierungsprogramm sieht für Heidenheim Gesamtkosten von 2,223 Millionen Euro vor. Die barrierefreie Erschließung des Bahnhofs Heidenheim kostet rund 1,180 Millionen Euro. Der Rest ist für die Erhöhung der Bahnsteige und sonstiger Anpassungsarbeiten vorgesehen. Folgende Kosten sind laut dieser Aufstellung von der Stadt zu tragen: Planungskosten Bahnsteige mit 158 000 Euro sowie 15 Prozent der Baukosten der Bahnsteige mit 133 000 Euro.
Für Ilg ist klar, dass die berechtigten Forderungen nach einem Ausbau der Brenzbahn eher durchdringen werden, wenn mehr Menschen mit dem Zug fahren: „Dafür muss man aber auch in Komfort und Service investieren.“ Für sein Anliegen eines früheren Baubeginns will er auch die beiden Landtagsabgeordneten Bernd Hitzler und Andreas Stoch gewinnen.