Regionalverkehr, das sind jene Bahnen – und Busse –, die einerseits nicht zum Fernverkehr der Deutschen Bahn gehören und andererseits nicht von einem der 22 Verkehrsverbünde in Baden-Württemberg betrieben werden. Die Verantwortung für diesen Regionalverkehr hat das Land BadenWürttemberg – wie die anderen Bundesländer auf ihrem Territorium –; es legt fest, welche Bahngesellschaft wann, wo und in welcher Frequenz die Schienenstrecken befährt.
Das Land bestellt die Fahrten, und wie im richtigen Leben bezahlt es auch, was es bestellt. Um diese Aufgaben zu koordinieren, ist kleines Unternehmen mit 23 Mitarbeitern gegründet worden, die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg, kurz NVBW.
Die Deutsche Bahn ist nach der Regionalisierung der größte Auftragnehmer der NVBW geblieben. Neben ihr sind aber auch die Albtal-Verkehrsgesellschaft (AVG) mit ihrem Stadtbahnnetz in Nordwürttemberg sowie die Hohenzollerische Landesbahn (HzL), die im Süden des Landes zwischen Tübingen und Bodensee viele Züge auf die Reise schickt, zu bedeutenden Bahngesellschaften im Land gewachsen.
Die von der NVBW koordinierten Angebote auf der Schiene kommen ganz offensichtlich gut an: Seit 1996 sind die Fahrgastzahlen um 50 Prozent gestiegen; bei besonders gefragten Verbindungen sind die Züge heute bis zu 70 Prozent besser ausgelastet als noch vor etwa zehn Jahren. Pro Jahr sind etwa 1,1 Milliarden Fahrgäste im Land mit Bahn und Bus unterwegs; die Regie für den öffentlichen Personennahverkehr lässt sich das Land etwa 1,3 Milliarden Euro kosten. Noch ein paar Zahlen: Rechnet man alle Kilometer zusammen, die Züge pro Jahr in Baden-Württemberg zurücklegen, kommt man auf mehr als 80 Millionen. Rechnet man die gefahrenen Buskilometer dazu, sind es 400 Millionen Kilometer.
Der ÖPNV im Land ist seit der Regionalisierung nicht alleine mengenmäßig gewachsen; auf vielen Strecken ist auch die Qualität besser geworden, was als Effekt mehr Fahrgäste auf die Schiene bringt. Am augenfälligsten sind die Qualitätsfortschritte auf einigen Strecken, wo heute die elektrischen Stadtbahnwagen der AVG unterwegs sind.
So ist auf der Enzbahn von Pforzheim ins ehemalige württembergische Staatsbad Wildbad vor einigen Jahren Fahrdraht gespannt worden, wurden die Haltestationen auf Vordermann gebracht, wurde die Bahn über den Bahnhof – er liegt vor dem Stadtzentrum – hinaus bis in die Innenstadt verlängert. Heute können Passagiere in leisen, komfortablen, elektrischen Stadtbahnzügen ohne Umsteigen von Karlsruhe oder Bietigheim-Bissingen bis Bad Wildbad oder vor die Türen des Thermalbads fahren.
Ähnlich ist das Bild bei der Murgtalbahn von Rastatt im Rheintal hinauf in den Schwarzwald über Baiersbronn nach Freudenstadt.
Sie wurde zwischen 2000 und 2004 auf Stadtbahnbetrieb umgebaut, bringt heute Pendler zu ihren Arbeitsplätzen in der Gegend um Gaggenau und Rastatt, bringt Ausflügler und Touristen in den Schwarzwald, zum Beispiel nach Baiersbronn mit seiner exzellenten Gastronomie.
Die lange Zeit vernachlässigten Bahnhöfe sind im Zuge des Umbaus renoviert worden, neue Haltestellen sind eingerichtet worden, um den Fahrgästen entgegenzukommen.
Zuvor war die Strecke von der DB mit Diesellok-bespannten Zügen bedient worden, die nur etwa halb so viele Haltepunkte hatten, seltener fuhren und bei weitem nicht so komfortabel waren wie die AVGTriebzüge.
Mit der Murgtalbahn fahren heute etwa viermal so viele Menschen wie vor dem Umbau im Jahr 2000.
Vor ziemlich genau zehn Jahren hat die NVBW eine Marke ins Leben gerufen, um noch mehr Menschen auf die Schiene oder in den Bus zu bringen: den Drei-LöwenTakt. Die Marke soll vor allem für Freizeitund Touristikverkehr werben, denn etwa die Hälfte ihrer Fahrten unternehmen badenwürttembergische Zug- und Buspassagiere in ihrer Freizeit.
Mit ihrem Internetportal www.3-loewen-takt.de hat die Nahverkehrsgesellschaft eine umfangreiche Datenbank aufgebaut, die nahezu alle Informationen zu Freizeit und ÖPNV in Baden-Württemberg bündelt: Zu finden sind dort Fahrplanauskunft, Freizeitund Veranstaltungstipps, Links zu allen Verkehrsverbünden im Land, eine Liste aller Bahnstrecken inklusive Infos zu Sehenswürdigkeiten und Freizeitmöglichkeiten links und rechts der Schienen.
Außerdem tritt der 3-Löwen-Takt selbst als Veranstalter auf. In diesem Jahr schickt die NVBW erstmals an Sonntagen den sogenannten Radexpress auf die Reise in die Täler von Enz, Eyach und Neckar. Zwischen Stuttgart und Bad Wildbad sowie zwischen Stuttgart und Heidelberg fährt ein historischer Elektrotriebwagen – er war früher im Stuttgarter Vorortverkehr im Einsatz –, zwischen Hechingen und Eyach setzt die Hohenzollerische Landesbahn ihre historischen Schienenbusse ein, die teils auch noch im Regelverkehr zu sehen sind. In allen RadexpressZügen sind separate Wagen für die Fahrradmitnahme vorhanden; das Angebot wird sehr gut angenommen.
Der Drei-Löwen-Takt möchte nicht nur Radler, Wanderer und Ausflügler in Busse und Bahnen bringen; die Marke möchte auch Kinder mit dem ÖPNV vertraut machen, denn sie sind die potenziellen Kunden von morgen. Mit speziellen Ferienangeboten will man zeigen, dass Busse und Bahnen nicht nur im Alltag – etwa als Schulbus – praktisch sind, sondern dass sich mit ihnen auch Freizeit gestalten lässt.
Im August machte der sogenannte Sommerferienexpress mit Kindern an je vier Terminen eine Zeitreise in die Steinzeit an den Federsee bzw. eine Reise ins Mittelalter nach Osterburken. Der Komplettpreis pro Kopf war attraktiv: 15 Euro inklusive Fahrt, Eintritt, Betreuung und Verpflegung; sämtliche Fahrten waren schnell ausgebucht.
Noch bis zum Ferienende läuft die Drei-LöwenJagd, eine Schnitzeljagd in zwölf Städten Baden-Württembergs, die aus codierten Hinweisen und kniffligen Fragen besteht.