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03.04.09 21:56 Uhr Alter: 15 Jahre
Drei Leichtverletzte bei einem Zugunglück
Von: Klaus-Dieter Kirschner/HZ
Lastzug aus Portugal blockiert Bahnübergang – Regional-Express erfasst mit großer Wucht den Auflieger

Foto: Klaus-Dieter Kirschner


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Foto: Klaus-Dieter Kirschner

 

Haarscharf am Rande einer Katastrophe vorbei: Der aus Ulm kommende Regional-Express erfasste um 12.30 Uhr auf dem Bahnübergang im Zuge der Hermaringer Straße das Heck eines mit Chemikalien beladenen Sattelzugs und zertrümmerte diesen. Dass es keine Toten gab, ist ein Wunder. Drei LeichtverIetzte werden den Unfall nie mehr vergessen.

Es ist ein verflixtes Eck’: Der Trucker aus Portugal wurde vermutlich durch sein „Navi“ in die falsche Richtung geschickt. Von Hermaringen kommend wollte der Mann unmittelbar nach dem Bahnübergang nach rechts Richtung Vereinigte Filzfabrik abbiegen.

Der spitze Winkel und das lange Fahrzeug: Das konnte nicht gut gehen. Der Mann rangierte noch ein wenig, und plötzlich senkten sich automatisch die Bahnschranken. Der Lastzugfahrer sprang aus seiner Zugmaschine und brachte sich in Sicherheit.

In dem Moment näherte sich der Regional-Express. Der Lokführer leitete eine Vollbremsung ein.

Es reichte jedoch nicht. Zwei Frauen, 29 und 38 Jahre, kamen zu Fall, und verletzten sich leicht. Sie hatten sich schon aufgemacht, um in Giengen auszusteigen. Der dritte Verletzte ist derUnfallverursacher, der einen Schock erlitten hatte und „todunglücklich“ war. Der zweiteilige Schienenbus kam nach etwa 300 Metern zum Stehen.

Um 12.32 Uhr wurde zunächst die Feuerwehr Giengen zu diesem Eisenbahnunglück gerufen. Die ersten Kräfte, die eintrafen, meldeten „Lastzug gegen Zug – offenbar aber keine Person eingeklemmt“.

Die Ereignisse überschlugen sich binnen weniger Minuten.

Noch während Notarzt und zwei Rettungswagen auf dem Weg zur Unglücksstelle waren, erkannten Feuerwehrleute bei der Ersterkundung, dass Chemikalien in größerem Umfange ausliefen und einem die Augen „brannten“.

In der Folge wurde Großalarm ausgelöst. Weitere Kräfte der Feuerwehr Giengen und um 12.53 Uhr der Gefahrgutzug der Feuerwehren des Landkreises wurden mobilisiert. Die Feuerwehren waren mit 64 Männer und Frauen und elf Fahrzeugen auf der Hermaringer Straße versammelt. Sie wurden unterstützt durch vier Kräfte der Rotkreuz-Schnelleinsatzgruppe.

Kreisbrandmeister Rainer Spahr, Giengens Stadtbrandmeister Bernd Eckardt und Abteilungskommandant Karsten Weber bildeten die Einsatzleitung. Das gesamte Terrain wurde weiträumig abgesperrt und in aller Eile von Sigma-Aldrich in Steinheim der diensthabend Fachberater für Chemie, Marc Rucker, an den Unglücksort geholt. Der Lastzug hatte in Gebinden und Fässern insgesamt 7000 Liter Kleber und Härter geladen; 1500 Liter waren ausgelaufen und im Bahnschotter und im Erdreich versickert. Das besondere Problem, unter der Sammelnummer sind insgesamt 125 verschiedene Stoffe notiert. Welche waren in Giengen ausgelaufen? Es gelang schließlich, die Ladepapiere zu bergen. Nach einer ersten Inspektion konnte Marc Rucker vorsichtig Entwarnung geben.

Allerdings rechnete er damit, dass beide Chemikalien, Kleber und Härter, mit der Zeit zu reagieren beginnen. Zahlreiche Trupps unter Vollschutz näherten sich diesen Gebinden, stellten fest, wie viele noch in etwa voll und unversehrt waren. Erste Abdichtmaßnahmen wurden ergriffen. Die Einsatzkräfte wurden regelmäßig abgelöst, weil die rückstandsfreie Atemluft aufgebraucht war.

Vertreter des Umweltschutzamtes beim Landratsamt verstärkten die Einsatzleitung. Die Polizei sperrte mit 18 Beamten weiträumig den Einsatzort ab, für den sich zunehmend Rundfunk- und Fernsehstationen interessierten. Ein Polizeihubschrauber überflog den Unfallort. Am späten Nachmittag stand fest, dass Teile des Bahnschotters und des Erdreichs abgebaggert werden müssen. Inzwischen war von Joas aus Sontheim ein großer Kran eingetroffen, mit dem die Chemikalien-Gebinde geborgen wurden.

Um16.30 Uhr teilte die Bundesbahndirektion mit, dass die Brenzbahn zwischen Giengen und Hermaringen bis zum heutigen Mittwochnachmittag gesperrt bleibt. Busse ersetzen den Schienenverkehr.

Die Züge enden in Hermaringen bzw. Giengen.

Sowohl Stadtbrandmeister Bernd Eckardt wie Kreisbrandmeister Rainer Spahr zeigten sich gegenüber der Presse froh, dass im Grunde das Zugunglück glimpflich abgegangen ist. Der Schaden von 400 000 Euro ist Angelegenheit der Versicherungen. Bürgermeister Franz Heger zeigte sich beeindruckt vom professionellen Vorgehen der Feuerwehrleute.

Polizei-Pressesprecher Horst Baur: „An dieser Stelle hätte der Lastzug-Fahrer niemals abbiegen dürfen.“ Ein ähnlicher Unfall war vor ein paar Jahren am Ortsrand von Hermaringen passiert. Damals waren Schwerverletzte zu versorgen.