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03.04.09 22:02 Uhr Alter: 15 Jahre
Chaos-Tage auf der Brenzbahn
Von: Klaus-Dieter Kirschner/HZ
Es ist nicht einfach, Schienenbusse in ausreichender Zahl fahren zu lassen

GIENGEN/HERMARINGEN. Wer in diesen Tagen pünktlich mit der Bahn in Ulm ankommen und die Übergänge auf die Fernzüge bekommen will, hat keine guten Karten. Nach dem Bahnunglück vom Dienstag ruht der Schienenverkehr zwischen Giengen und Hermaringen.

Wie berichtet, hatte der RegionalExpress um 12.30 Uhr auf dem Bahnübergang Hermaringer Straße das Heck eines Sattelzugs erfasst.

Die Bilanz: zum Glück nur drei Leichtverletzte, aber ein horrender Schaden von mehr als 760 000 Euro und ein enormer Umweltschaden. Von den Giengener Stadtwerken wird darauf verwiesen, dass jedoch keine Gefahr für das Trinkwasser besteht.

Nachdem hochgiftige Chemikalien versickert sind, muss die Bahnlinie auf einer Länge von 300 Metern komplett abgebaut, das kontaminierte Material vollständig entsorgt werden. Die Deutsche Bahn AG ist zuversichtlich, dass die neuen Gleise spätestens am Samstag mit Betriebsbeginn wieder befahrbar sind. Die Aufnahme der Arbeiten am Mittwoch verzögerten sich, weil der eingeteilte Gleisbautrupp noch in Balingen dringende Arbeiten zum Abschluss bringen musste.

Was den Schienenersatzverkehr angeht, war der Mittwoch ein Chaos-Tag. Als Nadelöhr erwies sich (einmal mehr) die Oberzugleitung in Karlsruhe, die nur sporadisch mitteilte, welcher Zug nun fährt und welcher nicht. Es kam mehrfach zu der von Passagieren heftig kritisierten Situation, dass die Busse des Schienenersatzverkehrs in Hermaringen Reisende aufnahmen und nach Giengen brachten und dort der Zug schon abgefahren war oder überhaupt nicht kam: „Hier stehen wir und kommen nicht weiter.“ Umgekehrt geschah Gleiches. Eine Sprecherin der Deutschen Bahn AG in Stuttgart dazu gestern gegenüber der Redaktion dieser Zeitung: „Wir entschuldigen uns für diese unmöglichen Zustände und können nur um Verständnis bitten.

Tatsache ist, dass die Züge in Giengen oder Hermaringen nicht auf einen möglicherweise verspäteten Bus warten können. Es würde sonst der gesamte Fahrplan im Knoten Ulm zusammenbrechen.“ Die Pressesprecherin verwies aber auch darauf, dass es vor allem am rollenden Material bei den Schienenbussen fehlte. Normalerweise fahren die Züge zwischen Crailsheim und Ulm, manchmal bis Laupheim. Wenn nun die Strecke unterbrochen ist, bräuchte man im Grunde die doppelte Anzahl der Schienenfahrzeuge. Diese Umläufe waren aber nicht darstellbar.

Die Folge: Allein auf der Brenzbahn kam es zu Verspätungen zwischen 20 und 50 Minuten.

Der eine oder andere Zug musste ausfallen, weil im dichten Verkehrsgefüge der Brenzbahn – es fahren ja auch Güterzüge – der eine oder andere Triebwagen aufgrund der Eingleisigkeit der Strecke keinen Platz mehr hatte.

Gestern um die Mittagszeit war die wirkliche Lage wie am Vortag: Züge fielen aus oder warteten nicht auf die Busse. Die Triebfahrzeugführer haben die strikte Anweisung, soweit noch möglich exakt nach Fahrplan abzufahren – ob der Bus da ist oder nicht.

Ein großes Manko waren auch die Ansagen auf dem Bahnsteig, wenn sie denn überhaupt erfolgt sind. Eine Beispiel vom Mittwochnachmittag in Giengen. Die Ansagerin erzählte etwas von einer Streckensperrung zwischen Hermaringen und Heidenheim und dass Busse den Schienenersatzverkehr übernehmen. So etwas trug noch mehr zu Verwirrung bei. Denn die RAB-Busse, die Busse der Heidenheimer Verkehrsgesellschaft und von Omnibus Lange (Niederstotzingen) können nur zwischen Hermaringen und Giengen pendeln und haben Verspätung wegen anderer Straßenbaustellen.

Für den gestrigen Donnerstag versprach die Deutsche Bahn eine deutliche Verbesserung der Situation auf der Brenzbahn und beim Schienenersatzverkehr.

Bahnreisende übten auch Kritik an der Tatsache, dass in Giengen und Hermaringen die Bahnhöfe geschlossen sind. Es gebe kaum Sitzmöglichkeiten und schon gar keine Chance zum Beispiel für Frauen, mal während der langen Warterei aufs WC gehen zu können.

Besonderes Mitleid hatten die ausgebremsten Bahnreisenden mit jenen Menschen, die seitens der Bahn sich um gestrandete Passagiere zu kümmern hatten.

Wenn überhaupt, dann erfuhren sie nur durch Zufall per eigener Handy-Nachfrage in Karlsruhe, dass wieder ein Zug ausfiel.