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14.04.08 08:34 Uhr Alter: 16 Jahre
Wenn Bahnhofs-Kritiker aufs falsche Gleis kommen
Von: Hendrik Rupp/HZ/HNP
NIEDERSTOTZINGEN. Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ hat den Niederstotzinger Bahnhof zu einem der „hässlichsten Bahnhöfe Deutschlands“ gekürt. Wer in Niederstotzingen nur noch Bahnhof versteht, hat nicht Unrecht.

Ja wenn man das so sieht: Mit eigenwilligem Bildausschnitt (und ohne den Bahnhof selbst überhaupt zu zeigen) macht die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ Niederstotzingens Bahnhof bundesweit bekannt – als einen der „hässlichsten Bahnhöfe Deutschlands“. Wie bitte?

Was haben Aachen, Dortmund und Niederstotzingen gemeinsam? Richtig – wohl kaum mehr als einen Bahnhof. Aber wenn es nach der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ geht, greift die Gemeinsamkeit noch weiter: Auf einer Bilderseite in seiner jüngsten Ausgabe (6. April) stellt das Blatt „Deutschlands hässlichste Bahnhöfe“ vor. Und einer dieser unrühmlichen Champions soll der von Niederstotzingen sein. Wie bitte?

Die Sonntagszeitung der FAZ hat bundesweite Verbreitung, und wer in Hannover, München oder Berlin die Bilder studiert, wird nicht einmal Einspruch erheben.

Zwischen unschön anzublickenden Bahnhofsportraits mit unschön klingenden Namen (Pechbrunn, Laberweinting, Neu Wokern oder Hopfgarten) scheint das Bild von Niederstotzingen genau zu passen.GrauerBeton, eine fensterlose Bretterwand und ein Ortsschild. Wer will hier schon aussteigen?

Gut möglich, dass nicht einmal der Fotograf ausstieg. Denn auf dem Bild ist dummerweise kein einziges Eckchen des eigentlichen Bahnhofs zu sehen. Der ist nämlich erstens historisch, zweitens ganz hübsch und drittens auch in einem absolut ordentlichen Zustand. Dass er historisch ist, haben übriges auch die FAZ-Redakteure herausbekommen, die den Lesern ein Baujahr 1875 mitteilen. Und auch, dass dieses Baujahr so gar nicht zu der Bretterhütte auf dem Foto passt, ist in Frankfurt nicht verborgen geblieben. Die scheinbare Erklärung gibt es im Bildtext: „Stark umgebaut“ steht dort. Tröstet das darüber hinweg, dass der Bahnhof nicht einmal im Hintergrund zu sehen ist?

Wer nun in Niederstotzingen nur noch Bahnhof versteht, liegt also nicht falsch. Was sollte die Stadt tun? Vielleicht könnte man auf Plakaten das DB-Vorzeigeobjekt Berliner Hauptstadtbahnhof verunglimpfen (man wird sicher ein vermülltes Eckchen finden).

Oder einfach den Frankfurter Hauptbahnhof ablichten, der in der Aufzählung fehlt, obwohl er sich in Sachen Ästhetik nun keinesfalls mit dem Niederstotzinger Bahnhof anlegen sollte. Vielleicht sollten die Brenzbahn-Kommunen auch eine Selbsthilfegruppe gründen, denn die Bahnhofsgebäude, allesamt in der gleichen Epoch und im gleichen Stil erbaut, ähneln sich doch sehr. Alles „Deutschlands hässlichste“?

Nein, am besten wäre es, eine Einladung nach Frankfurt zu versenden, sich den zu Unrecht geschmähten Bahnhof einfach mal wirklich anzusehen. Wie hieß der schöne alte Werbespruch der Bahn noch? „Fahr mal hin!“