Sehr geehrter Herr Brunnhuber,
die geplante Bahnprivatisierung geht nunmehr in die vierte und vermeintlich letzte Runde: Ende März tagt Gerüchten zufolge der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG, um im Schnellverfahren die Bahnprivatisierung doch noch unter weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit durchzupeitschen.Sie haben sich als entschiedener Befürworter leider zu einer Bahnprivatisierung bekannt. Als unser lokaler Bundestagsabgeordneter und DB-Aufsichtsrat würden Sie mit einem Ja in der Aufsichtsratssitzung die folgenden Entwicklungen mitverantworten:Durch die geplante Ausgabe von Aktien an strategische Investoren wird deren Einfluss gestärkt. Dies bedeutet eine maximale Renditeerwartung auf Kosten des Allgemeinwohls. Eine Gewinnerwartung von 10 Prozent führt unweigerlich zu steigenden Bahnpreisen, Stilllegung weiterer Strecken und schlechterem Service (vgl. abnehmende Briefkastendichte nach Postprivatisierung).Die Bahn wird trotzdem auch in Zukunft auf staatliche Subventionen in Milliardenhöhe angewiesen sein. Die Lasten bleiben somit beim Bund, der Gewinn fließt an private Investoren.Der angestrebte Verkaufspreis liegt _ je nach Modell _ bei etwa einem Zehntel des realen Wertes: hier soll Staatsvermögen, welches die Steuerzahler in mehr als 100 Jahren bezahlt haben, verscherbelt werden.Der wissenschaftliche Beirat von Attac Deutschland hält das jetzige Vorgehen von Herrn Mehdorn und einiger Privatisierungsbefürworter von SPD und CDU geradezu für einen Putsch. Die neue Art Bahnprivatisierung (äHolding-Modellô) richtet sich gegen die Mehrheit der Bevölkerung; laut repräsentativen Umfragen wollen zwei Drittel der Deutschen eine Bahn in öffentlichem Eigentum. Sie richtet sich auch gegen die Verfassung. Denn Artikel 87e des Grundgesetzes verlangt Verkehrsangebote zum Wohle der Allgemeinheit auf dem Schienennetz, was jeder Bahnprivatisierung widerspricht. Sie richtet sich auch gegen das Parlament, das nun mit der Bahnprivatisierung nicht mehr befasst sein soll, obgleich die Bundesregierung und der Bundestag bisher immer davon ausgingen, dass das 100-jährige öffentliche Eigentum an der Bahn nur mit einem gesetzgeberischen Verfahren ganz oder teilweise aufgegeben werden kann.Wir bitten Sie, die größenwahnsinnigen Visionen eines Herrn Mehdorn nicht weiter zu unterstützen. Ziehen Sie die Notbremse und sorgen Sie mit einem Nein zur Privatisierung für eine Bürgerbahn und damit für eine vernünftige Weichenstellung, die den Bedürfnissen der Bürger und dem Klimaschutz Vorfahrt einräumt.