Bilder zum Lokschuppen
Das Lokschuppendach in Heidenheim
Als Lokführer wurde mir eine Dampflok der Baureihe 50, 130 Tonnen schwer und ausgerüstet mit zwei Ackermann-Hochhub-Kesselsicherheitsventilen, zugeteilt. Mit dieser fuhren wir im Brenztal den ganzen Tag Personenzüge hin und her.
Abends mussten wir in Heidenheim übernachten, am nächsten Tag ging es mit dem ersten Zug früh wieder nach Aalen zurück.
Es war nicht einfach, im Kessel der Lok ein Ruhefeuer anzulegen, dass einen konstanten Kesseldruck über Nacht halten konnte. So stieg der Druck des Kessels allmählich an, bis eines der Hochhubventile mit lautem Knall maschinengewehrartig den Überdruck des Kessels abgaben. Weil diese überlaute Knallerei nicht enden wollte und die umliegenden Anwohner nicht schlafen konnten, verständigten die die Polizei.
Als wir etwas verspätet vom Abendessen zurück kamen, standen Polizisten um die Lok herum und warteten auf uns, damit wir die Knallerei abstellen. Um dem Ärger aus dem Weg zu gehen, warteten wir, bis das Feuer abgebrannt war und damit der Kesseldruck sank.
Bei der nächsten Tour mit einer 50er kam uns zur Vermiedung der Knallerei eine Idee: Mit einer Länge von 26 Meter und ihrer Höhe passte die Lokomotive genau in den Lokschuppen hinein. Wir machten die Tor vorn und hinten zu, jetzt würden die Anwohner den Lärm des Ventils nicht mehr hören. So war es dann auch.
Am nächsten Morgen wollte ich die Lok aus dem Schuppen holen: Das sonst so dunkle Innere des Schuppens war komischerweise hell – Die Sonne schien durchs Dach.
Ich erschrak: Im Dach des Schuppens fehlten einige Quadratmeter Ziegel, das Hochhubventil hatte mit seinem Überdruck die Ziegel abgedeckt. Die Lok und der Schuppenboden waren über und über mit den Splittern und Ziegeln bedeckt. Wir verschwanden ganz schnell.
In Aalen sahen die Kollegen die Splitter und den Dreck auf der Lok und fragten, wo das herkomme. Wir sagten Ihnen nur „vom Lokschuppen in Heidenheim“.
Heiner Bohmann, Lokführer auf der Brenztalbahn
Der echte Hausschwamm
Der Echte Hausschwamm (Serpula lacrymans) ist ein holzzerstörender Pilz. Neben dem Braunen Kellerschwamm (Coniophora puteana) ist er ein Hauptverursacher für Schäden durch Schwammbefall in Gebäuden. Der Hausschwamm befällt bevorzugt verbautes Holz und benötigt ein feuchtes und nicht zu kühles Milieu zum Wachstum. Da nicht selten Guttationströpfchen auf ihm zu sehen sind, wird er auch oft Tränender Hausschwamm genannt. Der Echte Hausschwamm gilt als gefährlichster Gebäudezerstörer (Aus: wikipedia.de).
Der Heidenheimer Lokschuppen
Im Jahre 2014 wird der Heidenheimer Lokschuppen 150 Jahre jung. Ein bewegtes Leben liegt hinter ihm und wie es scheint, auch noch vor ihm: Erst vor wenigen Monaten sind die Betreiber des heute als Veranstaltungsort genutzten Gebäudes einen unliebsamen Bewohner losgeworden: den echten Hausschwamm.
Aber fangen wir von vorne an:
In Württemberg wurde ab 1844 in Eisenbahnen investiert und die großen Strecken wurden aufgebaut: Stuttgart-Heilbronn, Stuttgart-Ulm-Friedrichhafen, Stuttgart-Nördlingen, und viele mehr. Natürlich wollten die Heidenheimer das bereits nach wenigen Jahren Gewinn erwirschaftende neue Verkehrsmittel ebenfalls haben, da Heidenheim mit seinen vielen Fabriken – WCM, Voith, Hartmann, Ploucquet, Voeltersche Papierfabrik, u. a. – die mühsame Transportart „Pferdegespann“ mit der Eisenbahn ersetzen musste, um auf dem sich ausweitetenden Weltmarkt überleben zu können.
Es dauerte noch 20 Jahre, bis die Bahn endlich nach Heidenheim fuhr: 1864 wurde sie von Aalen herkommend bis Heidenheim eröffnet.
Zwei Jahre waren notwendig, um die Bauten für die Strecke zu erstellen: Überall im Brenztal wurden entlang der neuen Strecke Gebäude aus dem Boden gestampft: Unterkochen, Oberkochen, Königsbronn, Schnaitheim und Heidenheim bekamen Empfangsgebäude, Güterschuppen und Nebengebäude mit Toiletten sowie Waschküche, Kohlenlager und Abstellräume für die Bewohner der Empfangsgebäude. Aber auch das Brunnenkopftunnel wurde erstellt.
Heidenheim als Zielpunkt und für 12 Jahre Endstation bekam zu den erwähnten Gebäuden auch noch mehrere Dienstgebäude: Wasserstation, Übernachtungsgebäude und den Lokschuppen.
Da zu dieser Zeit überall im Ländle Eisenbahnen gebaut wurden, hatten sich die Architekten und Hochbauingenieure Möglichkeiten erdacht, nicht jedes Gebäude einzeln zu planen und zu bauen: Sie legten so genannte „Normalien“ an, in denen festgelegt wurde, wie ein Bahnwärterhaus auszusehen hat oder wie ein Empfangsgebäude eines Bahnhofes einer bestimmten Größe und Ausstattung zu bauen sei. So wurde auch für den Lokschuppen ein Plan gezeichnet, der für alle Lokschuppen in Württemberg gültig sein sollte: Cannstatt, Schwäbisch Gmünd, Aalen, Göppingen, Friedrichhafen – alle größere Stationen bekamen nach diesen Plänen solche Unterstellmöglichkeiten, kleinere Abweichungen waren dabei möglich.
Zu diesen Schuppen mussten natürlich auch die Gleisanlagen angelegt werden, die ebenfalls nach einem gemeinsamen Grundmuster ausgeführt wurden: Gegenüber dem Empfangsgebäude eine Drehscheibe und rechts und links davon jeweils ein dreiständiger Lokschuppen.
In Heidenheim mussten die Bauherren allerdings von ihren Plänen abweichen: Der zu dieser Zeit nicht weiter bestimmte Weiterbau der Strecke hatte in Heidenheim ein Ende und es war auf längere Sicht kein größerer Zugverkehr zu erwarten. Somit wurden in Heidenheim an Stelle von zwei Schuppen nur der heute noch bestehende erstellt. Der Platz für einen weiteren Schuppen wurde allerdings freigehalten: Sollte die Bahn nach Ulm weitergeführt werden, wäre es ein Leichtes gewesen, ein zweites Gebäude aufzustellen.
Für den Schuppen kam es aber anders: 12 Jahre dauerte es, bis die Strecke nach Ulm festiggestellt werden konnte. Die Lokomotivtechnik entwickelte sich weiter und die Anzahl der Zugfahrten erhöhten sich zu Beginn nicht wesentlich. Es zeigte sich, dass in Heidenheim ein zweiter Schuppen nicht notwendig war.
So blieb das heute bestehende Gebäude alleine und wurde im Wesentlichen genutzt, um den übernachtenden Lokomotiven eine Unterstellmöglichkeit zu geben: Schriftlich bekannt sind die Lokomotiven der Klassen A, AD bzw. ADh, E (neu) aus dieser Zeit (um 1900). Es ist anzunehmen, dass auch viele andere württembergische Lokomotiven den Schuppen nutzten.
Am Schuppen wurden in den Jahren bis etwa 1910 keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen, ja selbst von Pflege und Wartung konnte nicht die Rede sein: Ein Teil des Schuppens war in so schlechtem Zustand, dass 1914 darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die größeren Lokomotiven keinen Platz mehr hätten und über Nacht im Freien stehen müssen, eine Reparatur also dringend erforderlich sei.
Zu dieser Zeit war auch die Bahn, damals noch im Besitz des Landes Württemberg, damit beschäftigt, neue Konzepte für den Nahverkehr zu entwickeln: Lokomotiven mit Lokführer und Heizer und einem oder zwei Wagen waren zu teuer geworden. So wurden Versuche angestellt, Dampftriebwagen zum Einsatz zu bringen, die nur von einer Person betrieben werden konnten. Es waren dies die Kittel-Dampftriebwagen, die vom Aalener Bahnbetriebswerk aus auf der Brenzbahn Versuchsfahrten unternahmen.
Damit diese kostengünstigeren Dampftriebwagen fahren konnten, wurde nach einer Unterstellmöglichkeit gesucht und in Heidenheim der Lokschuppen gefunden. Eine Wellblechwand im westlichen Teil sollte den Raum für den Triebwagen von den restlichen Räumlichkeiten trennen.
Der Erste Weltkrieg setzte der Bahn dann ziemlich zu. Die Länderbahnen des Deutschen Reiches mussten in der Deutschen Reichsbahn zusammengefaßt werden.
Der Lokschuppen wurde weiterhin als Unterstand genutzt, die Art der Fahzeuge wechselten jedoch: Preußische Lokomotiven und die Einheitsbauarten kamen immer mehr auf: BR 24, 64, 78, 38 bestimmten dann das Bild der Bahnhöfe zwischen 1920 und dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1946.
Auch der Zweite Weltkrieg ging am Schuppen vorbei und die folgende Nachkriegszeit brachte wesentliche Veränderungen mit sich: Die Diesellokomotiven V 100 und V 160 fuhren durch das Brenztal.
Und diese Diesellokomotiven machten den Lokschuppen dann überflüssig: Ohne Betriebsstoffe auffüllen zu müssen, fuhren sie viel weitere Strecken als die Dampfloks. Das hatte eine wesentliche Veränderung im Fahrplan zur Folge und der Schuppen wurde überlüssig.
So kam 1965 die Drehscheibe weg, die Wasserversorgung wurde um 1980 entfernt und im Jahre 2000 wurde der Schuppen an die Stadt verkauft.
Und mit dem Verkauf an die Stadt Heidenheim begann dann auch eine neue Blüte für den Schuppen: Für die Landesgartenschau 2006 wurde er aufwändig herausgeputzt und als Veranstaltungsort der besonderen Art hergerichtet. Seitdem werden dort Feste gefeiert und Hauptversammlungen abgehalten.
Das Glück währte aber nicht lange: Ein ungebeterner Gast hat sich unbemerkt in den „Kellern“ des Schuppens, den bis dahin noch erhaltenen Untersuchungsgruben, breit gemacht. Der konnte sich auf Grund der jetzt vorhandenen Wärme ungeachtet ausbreiten und veranlasste dadurch die Schließung des Schuppens auf unbestimmte Zeit: Wer war schuld, dass der Hausschwamm sich hier wohl fühlen konnte?
Ungeachtet dieser Frage wurde sein Überleben bezweifelt: Sollte nochmals investiert werden, um den Schuppen zu erhalten?
Die Stadt entschied sich letztendlich dafür, und so wird nach der Entfernung und Isolierung des echten Hausschwammes der Schuppen im April 2013 wieder seiner neuen Bestimmung übergeben: Feste und Veranstaltungen sollen sein Überleben garantieren.
Heute ist der Heidenheimer Lokschuppen der letzte seiner Art in Württemberg: Alle baugleichen und abgewandelten Gebäude verschwanden mit dem Ausbau der Strecken um 1900, wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört oder erfuhren einen kompletten Umbau.