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18.07.14 17:00 Uhr Alter: 10 Jahre
„Chillen in den Wolken“
Von: Manfred Allenhöfer HZ
Aufwändigste Ausstellung des Kunstmuseums: Seit dieser Woche wird der „Trashtrain“ aufgebaut „Wir bilden zwar Wirklichkeit ab.

Die Gleise sind verlegt, der „Trashtrain“ kann bereits fahren: Die nächste Ausstellung im Heidenheimer Kunstmuseum wird die aufwändigste in seiner 25-jährigen Geschichte. Oben rechts arbeiten Museumsleiter Rene Hirner und Künstler Andreas Welzenbach am Bahnhof, Künstlerin Beate Gabriel (links) kümmert sich um Tunnel und Wald. Museumstechniker Erwin Röhrle baut gerade die Waggons auf. Foto: Manfred Allenhöfer

Aber nicht einfach so, wie man sie bereits kennt: Nichts ist sicher vor unserer Lust an Veränderung“, meint Andreas Welzenbach, verantwortlicher Künstler für den „Trashtrain“, der nächsten Ausstellung des Kunstmuseums. „Das ist schon ein irrer Aufwand“, meint Welzenbach – der aber über die Zeit und in Bezug auf die beteiligten Macher geschickt verteilt wurde.

Über zehn Künstler sind integriert in das Projekt, dazu kommen weitere Pädagogen und Einzelprojektleiter. Und über 100 Kinder und Jugendliche haben sich, in anderthalb Jahren und über 20 Kursen von „Kinder und Kunst“, mit ihrer Fantasie ebenso wie mit ihrer Arbeitskraft eingebracht in das riesige Projekt, das vom Aufwand und der Quantität her „das größte Projekt in der Geschichte des Kunstmuseums darstellt“, wie Ren´e Hirner bilanziert, der Leiter des Kunstmuseums, der mit Welzenbach die Gesamtleitung bei „Trashtrain“ innehat.

Seit Anfang der Woche wird jetzt aufgebaut; und die Konturen der Modellwelt werden erkennbar. „Zuerst wurden die technischen Dinge eingerichtet“, erzählt Welzenbach. Soll heißen: Als Erstes wurden die Gleise verlegt, die eine Gesamtlänge von über 40 Meter haben und das ganze Museum im Hugo-Rupf-Saal in einer Art Oval durchqueren.

Der Zug kann bereits fahren; die Lok und ein Wagen sind fertiggestellt; und von den beiden weiteren Waggons sind die Untergestelle angehängt. Und jeder, der eine Probefahrt unternimmt, trägt unübersehbar ein Lächeln im Gesicht: „Damit sind selbst erwachsene Menschen noch zu beglücken“, meint Welzenbach.

„Alle strahlen bei einer Rundfahrt wie die Kinder.“ Viele Bereiche von „Welt“ werden eingerichtet; und es ist bereits absehbar, dass gar nicht alles, was vorbereitend gestaltet wurde, auch im Museum zum Einsatz kommt.

Beispielsweise ist fraglich, ob eine bewegliche Krake, die Beate Gabriel aus Fahrradschläuchen geschaffen hat, aufgestellt werden kann: „Das Museum ist womöglich zu klein“, meint Gabriel bedauernd.

Und für die Autos, die zu einer Modellwelt zwingend gehören, hat man bereits einen separaten Renn- bzw. Laufparcours gefunden: Geschaffen wurden einige Fahrzeuge, die man sich überstülpen und dann frei im Raum bewegen kann. „Die können draußen, auf einer Rundstrecke im Treppenhaus, bewegt werden“, meint Welzenbach. Johanna Senoner und Johanna Bauer haben diese speziellen „Mobile“ in einem „Kiku“-Kurs geschaffen Das Gehäuse des Tunnels ist bereits gebaut; wenn man den Saal betritt, ist hinten rechts ein geschlossener Bereich zu sehen, ein „Darkroom“, in dem Videos zum Thema Bahn, die entstanden sind in der Waldorfschule, gezeigt werden. „Viele Formen zeitgenössischer Kunst sind hier in irgendeiner Weise zitiert“, meint Welzenbach. Das Gebirge beispielsweise ist eine Installation, die Albrecht Briz auf dem Tunnelgehäuse aus quasi überdimensionierten Zollstöcken schafft.

Wenn die Bahn den Tunnel verlässt, durchquert sie einen Wald mit „verrückten Verhältnissen“: Überdimensionierte, bunte Pilze stehen da neben kleinen Bäumen, die aus Metall gelasert wurden und klappbar sind; die Entwürfe ihrer Silhouetten stammen aus „Kiku“-Kursen.

„Stadt“ ist ein ebenfalls unverzichtbares Thema. Um diesen Bereich hat sich insbesondere Johanna Bauer gekümmert; aufgebaut werden, unter anderem, noch einige Hochhäuser. Und installiert werden auch einige einsehbare Wohnungen: „Der Röntgenblick hat da eine schöne gestalterische Form gefunden“.

„Die Ausstellung hat eine hohe Aufenthaltsqualität“, meint Welzenbach. „Da kann man eigentlich nicht einfach kurz mal reinschauen; da bietet es sich an, sich aktiv in verschiedenen Bereichen umzutun.“ Oder das Ganze aufmerksam zu beobachten: Die Empore des Museums wird deshalb „zur Lounge“ mit mehreren Sitzmöglichkeiten. „Man kann hier wie in den Wolken chillen“, meint Welzenbach, „und die vielfältige Szenerie von oben betrachten.“ Und weil Kinder „hoffentlich“, so Welzenbach, durch die vielseitigen Aspekte zum Selbsttun angeregt werden, wird das Kabinett „zu einem kleinen Aktivraum, einer Kreativitätswerkstatt“ mit Papier, Stiften, Klebefolien und weiterem Material.

Auch „Menschen“ dürfen nicht fehlen. Unter Anleitung der Giengener Modemacherin Sabine Sablotny werden „Paare – Passanten“ gestaltet, die ebenfalls „aus trashigem Material“ bestehen und verteilt werden im Raum.

Das Zentrum des Ganzen ist der Bahnhof, in dem ein- und ausgestiegen wird. Hier wird auch eigenes Personal bereit stehen, das beim Ein- und Aussteigen hilft, die Karten knipst, die Technik bedient – und von Sablotny wiederum in „reguläre Wirklichkeit“ ironisierenderweise eingekleidet ist.

Damit manins Innere der Anlage kommt („man darf ja hier nicht, schon aus Sicherheitsgründen, einfach über die Gleise steigen“), wird noch eine Brücke aufgebaut, die aus Gerüstbau-Elementen besteht und eine stattliche Höhe erreichen wird. Der Aufbau der ganzen Anlage wird einige Wochen dauern. „Preview“ ist am 15. August, ab dann wird das aufwändige Projekt öffentlich zugänglich sein.

„Wir haben vieles, was zu einer Eisenbahn-Modelllandschaft gehört“, meint Hirner. „Aber eben alles in einer ungewöhnlichen und bislang nicht bekannten Weise. Viel Fantasie von vielen Menschen machten diesen ,Trashtrain’ möglich – der im Jubiläumsjahr von Brenzbahn und Kunstmuseum nicht zuletzt allen Betrachtern ausgesprochen viel Spaß machen soll“, meint Hirner.

Dem Aufwand entsprechend wird der „Trashtrain“ dann bis 1.

Februar durchs Kunstmuseum kreisen.