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17.04.14 16:35 Uhr Alter: 10 Jahre
Viel Schrauberei vor dem Saison-Start - Ulmer Eisenbahnfreunde überprüfen den Fuhrpark und arbeiten an der Hauptuntersuchung des T06
Von: Klaus-Dieter Kirschner HZ
GERSTETTEN. Es hämmert, bohrt, schraubt und klopft im historischen Betriebswerk der Lokalbahn in Gerstetten. Wer in diesen Tagen am über 100 Jahre alten MuseumsbahnLokschuppen vorbeikommt, erlebt ein reges Treiben in der Werkstatt.

Sicherheit wird groß geschrieben. Am Gerstetter Bähnle bleibt nach dem (ausgefallenen) Winter in Vorbereitung auf die neue Fahrsaison viel zu tun: Marcus Vöhringer ist als Streckengeher auf der 20 Kilometer langen Nebenbahn auch als Vermesser tätig und überprüft die Lage der Gleise.


Das Bahndienstfahrzeug verfügt über einen kleinen Kran und ist bei kleineren Instandsetzungen – wie zum Beispiel beim Austausch der Telegrafenmasten – wertvoll. Fotos: Johannes Reichert/Harald Hokenmaier

„Die Vorbereitungen für die Saisoneröffnung am 1. Mai sind in vollem Gange“, erzählt Werkstattmeister Gerhard Thumm.

Der Heldenfinger ist einer von zahlreichen ehrenamtlichen Bahnbegeisterten, die regelmäßig bei der Museumsbahn arbeiten und schon viel für die Ulmer Eisenbahnfreunde gewirkt haben.

Hauptaufgabe der Werkstattmannschaft ist aktuell die Hauptuntersuchung des 1956 gebauten Museumstriebwagens T06, der ab Mai wieder an jedem Wochenende oder Feiertag auf der 20 Kilometer langen Nebenbahn unterwegs sein wird.

Hauptuntersuchung? Das bedeutet, dass nach sieben Jahren im Bahnbetrieb das Fahrzeug grundüberholt werden muss. Da wird das Bremssystem erneuert, die sogenannten Zug- und Stoßeinrichtungen, besser bekannt als Puffer, überprüft sowie die Motoren und Getriebe gewartet.

Die Achsen und Radreifen werden per Ultraschall untersucht, die gesamte Elektrik des Fahrzeuges wird getestet. Ziel der Hauptuntersuchung ist es, den Fahrgästen auf der Museumsbahn ein technisch einwandfreies und sicheres Fahrzeug zur Verfügung stellen zu können.

Neben dem Museumstriebwagen sind die ehrenamtlichen Eisenbahner auch mit den Personenwaggons beschäftigt. Auch bei diesen müssen die Bremsen sowie alle für den sicheren Fahrbetrieb notwendigen Teile geprüft und gewartet werden. „Bei der Eisenbahn steht Sicherheit an erster Stelle“, betont Gerhard Thumm und greift sogleich wieder zum Schraubenschlüssel.

Marcus Vöhringer ist für die 20 Kilometer lange Bahnstrecke verantwortlich. Auch er hat bis zum Saisonbeginn viel zu tun.

So müssen die 52 Bahnübergänge der Nebenbahn kontrolliert und auch gewartet werden. „Wir müssen aus den Rillenschienen, die im Straßenbelag eingelassen sind, den Schmutz des Winters entfernen“, erklärt Vöhringer.

Eine große Hilfe ist dabei der sogenannte SKL. SKL steht für Schwerer Kleinwagen und bezeichnet das gelbe Bahndienstfahrzeug, welches sogar mit einem Kran bzw. einem Baggerarm ausgestattet ist. Mit diesem Fahrzeug fahren die Eisenbahner von Bahnübergang zu Bahnübergang und transportieren so die benötigten Werkzeuge.

Kurz vor Ostern findet dann die jährliche Streckenbegehung statt. In zwei Gruppen von je drei Personen wird das Gleis abgelaufen. Alle paar Meter wird gemessen, ob die Spurweite von 1435 Millimetern innerhalb der Toleranz liegt oder ob andere Beschädigungen an den Schienen zu erkennen sind. Die Messergebnisse und die Beobachtungen werden genau dokumentiert und dann nach und nach abgearbeitet. „Am Anfang ist es noch ungewohnt, von Schwelle zu Schwelle zu treten, aber nach gut 100 Metern hat man sich an den Rhythmus gewöhnt“, schmunzelt Helmut Koch aus Heuchlingen.

Ebenfalls mit Hochdruck geschraubt und gearbeitet wird im Dampflok-Depot bei Amstetten.

Dort hat die 1921 gebaute Tenderdampflok 75 1118 überwintert. Unter der Leitung von Dampflokführer Hans-Karl Kunhäuser ist eine kleine Gruppe schwarz gekleideter Eisenbahner am Werk. „Im Winter wird aus dem Kessel der Dampflok das Wasser abgelassen, um Frostschäden zu vermeiden. Diesen müssen wir nun wieder befüllen“, erklärt Kunhäuser, der aus Bad Mergentheim kommt und den weiten Weg zur Lokalbahn manchmal mehrmals in der Woche auf sich nimmt. „Es ist die Liebe zur Eisenbahn“, schmunzelt Hans-Karl Kunhäuser und verschwindet wieder im Führerhaus seiner Lokomotive.