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07.07.13 23:16 Uhr Alter: 11 Jahre
Kleiner Zug auf abgehängtem Gleis - IGS kauft in Offingen eine Zuggarnitur und lässt sie per Autokran auf die Reste der Bayrischen Bahn stellen
SONTHEIM/BRENZ. Der „Gähsmetzger“ ist zwar schon lange tot. Aber auch nach der Stilllegung hat sich ein Stück Schienenstrang auf Stahlschwellen bis in die Gegenwart erhalten. Neuerdings steht darauf eine kleine historische Zuggarnitur, welche die die Interessen-Gemeinschaft Sontheim beim Verein Schwabendampf Neuoffingen erworben hat.

Der „Gähsmetzger“ in einer allerdings nicht historischen Zusammensetzung ist zurück: Die Boyerle GbR hat mit zwei großem Kränen eine alte Diesellokomotive, einen dreiachsigen Personenwagen und einen kleinen Güterwagen auf die Gleisreste der Bayrischen Bahn gestellt.





In einer aufwendigen Aktion waren ein dreiachsiger Waggon, eine kleine Diesellokomotive und ein Rotten-Anhänger per Tieflader nach Sontheim transportiert und mittels Autokran der Firma Joas auf die Schienen gehoben. Etwa 600 Meter lang ist der Rest der einstmals bayrischen Bahn zwischen dem ehemaligen Bahnwärterhaus an der Niederstotzinger Straße und der Gartenstraße. Der Zustand der Gleise auf Stahlschwellen kann als ordentlich beschrieben werden. Somit ist als wahrscheinlich, dass diese Zuggarnitur hier auch bewegt wird. Das sagte Jürgen Benz, der in dem Verein fürs Eisenbahnwesen verantwortlich zeichnet.

IGS steht für Brauchtumspflege und hat hier schon Beachtliches in den vier Sparten Eisenbahn, Fahrzeuge, Handwerk und Brauchtum (samt Ortsgeschichte) auf die Beine gestellt.

Der Kauf des Zuges wurde über eine eigens gegründete Gesellschaft Boyerle GbR bewerkstelligt, in die private IGS-Mitglieder Geld eingezahlt hatten, erläutert Erich Wykydal, der IGS-Vorsitzende. Deshalb wurde die bei Deutz in Betrieb gewesene Rangierlok auf den Namen Boyerle getauft.

Die kleine Diesellokomotive war übrigens nie in Dienste der Bundesbahn, sondern immer auf Werksgeländen zu Rangierzwecken eingesetzt. Sie war eine der letzten stangenangetriebenen Loks, die etwa 55 PS Leistung brachte. Ihre etwas größeren Schwestern waren mit 170 PS unterwegs. Die ersten Lokomotiven dieser Serie wurden 1935 bei Rheinmetall zusammengeschraubt. Ein Schild an der Lok weist als letzten Einsatzort Kornwestheim aus.

Der dreiachsige EisenbahnWaggon des Typs B3y hat Jahrzehnte auf dem Buckel und war vor seiner Ausmusterung im Direktionsbezirk Augsburg Teil eines Bauzugs. In Offingen diente der Waggon den Eisenbahnfreunden und ihren Besuchern als Cafè. Jürgen Benz: „Das ist gut. So können wir dort Ausstellungen machen, weil es keine Reisezug-Bestuhlung im herkömmlichen Sinne (mehr) gibt."

1953 hatte das damalige Bundeszentralamt in Minden den Umbau von Vorkriegswaggons genehmigt. Die ersten Probewaggons verließen im selben Jahr noch das Ausbesserungswerk Ludwigshafen und bewährten sich im Schienen-Personennahverkehr, aber auch im Regionalverkehr. Zu den zwei Achsen kam eine Mittelachse, die aber so beweglich war, dass die Kurvenfahrten gut bewerkstelligt werden konnten. Bis zum Jahre 1958 lag der Anteil dieser Waggons bei 6500, was einem Viertel der damaligen Reisezugwagen der Bundesbahn entsprach. Diese Züge durften bis zu 90 Stundenkilometer schnell unterwegs sein.

Je Waggon waren 62 Sitzplätze ausgewiesen. Im Urzustand hatte der Waggon in der Reisezug-Version beiderseits sieben Fenster.

Erst in den 1980er-Jahren wurden die letzten Waggons dieser Serie aus dem Plandienst entnommen. Ein Großteil kam unter den Schneidbrenner. Weitere Exemplare übernahmen Eisenbahnfreunde.